Schlachtfeld Arbeitsplatz - Das Praxishandbuch für Konfliktmanagement im Unternehmen

Anke Sommer

Schlachtfeld Arbeitsplatz

Das Praxishandbuch für Konfliktmanagement im Unternehmen

2019

240 Seiten

Format: PDF, ePUB, Online Lesen

E-Book: €  34,99

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ISBN: 9783446459656

 

Wirkungen von Störungen

Wer streitet, verliert Kraft

Wissen Sie, dass Konflikte eine Unternehmenskultur nachhaltig verändern?

Wissen Sie, was passiert, wenn Sie in einer Störung bleiben?

Was haben Rollen mit Konflikten zu tun?

Weshalb machen ungelöste und emotionale Konflikte auf Dauer eine Zusammenarbeit unmöglich?

Netzwerkliches Arbeiten in Erfolgsgemeinschaften wird auf unternehmerischer Ebene immer wichtiger. Wissensaustausch, -ergänzung, Vertrauen und gegenseitige Förderung sowie Wertschätzung bilden heute die Säulen einer guten Zusammenarbeit, die damit ein stärkeres soziales Gewicht erhält. Eine gute Beziehung am Arbeitsplatz ist schon lange nicht mehr reine Privatsache. Wir rücken zusammen. Globalisierung und Vernetzung lassen die Geschäfte komplexer und damit die Schnittstellen Mensch und Kommunikation als Wirtschaftsfaktor umso wichtiger werden. Führungskräfte in Unternehmen haben neben der Führungsverantwortung, die sie tragen, auch die unternehmensinternen Prozesse zu führen. Je größer ein Unternehmen wird, desto mehr kontroverse Gedanken vereint es. Sogenannte kommunikative Schnittstellen entstehen am laufenden Meter neu. Unternehmen, die schnell gewachsen sind, können davon ein Lied singen. Am Anfang kannte man sich noch, aber dann blieb ein fremdes Gesicht auf dem Flur keine Ausnahme mehr, es wurde zur Alltäglichkeit. Ein Unternehmen wächst nie ohne Grund. Die Arbeitsflut möchte bewältigt werden, also werden neue Mitarbeiter benötigt. Doch wo viel Arbeit ist, da ist auch Druck, und wo Druck ist, gibt es früher oder später Probleme. Persönliche Verletzungen und Konflikte sind hier nicht fern.

Die meisten Menschen haben eine konkrete Vorstellung von einer idealen Zusammenarbeit. Einige verbinden eine gute Zusammenarbeit mit der Vorstellung von Harmonie. In oberen Führungsebenen geht es im Bestfall darum, die geschäftlichen Beziehungen lukrativ und harmonisch zu halten. In einem Großteil des geschäftlichen Zusammenwirkens sieht der Alltag aber leider genau umgekehrt aus. Statt von einem Antriebseffekt zu profitieren, durchläuft ein Großteil der Zusammenschlüsse Prozesse gegenseitiger Schädigung. Sind die Verantwortungsträger in eine Störung verwickelt, leidet das gesamte Unternehmen unter den Folgen. Förderliche Projekte kommen nun gar nicht mehr zustande. Der Blick für das Wesentliche, das Geschäft, geht verloren. Die kommunikativen Schnittstellen im Unternehmen verfangen sich in verletzenden Gesprächen und Diskussionen, die in den Beteiligten weiterschwelen. Zum Schluss gelangt kaum ein Wort zum Gegenüber, das nicht schon durch den bestehenden Konflikt verfälscht empfangen wird. So erwachsen aus Kleinigkeiten Produktivitätshindernisse.

Willkommen in der Konfliktmühle beziehungsweise: Willkommen im Schlachtfeld Arbeitsplatz.

1.1 Vier Gründe, warum Sie Konflikte beheben sollten
1.1.1 Konflikte verstärken sich

Ungeklärte Konflikte zermürben und erzeugen neben dem Druck auf das Alltagsgeschäft eine Eskalationsgefahr für die Zukunft, die umso schwerer einschätzbar wird, je länger der Konflikt nicht geklärt wird. Ein ungeklärter Konflikt kann sich jederzeit entladen, ein Umstand, der in verantwortungsstarken Berufen der Detonationskraft von Dynamit gleichkommen kann. Am Beispiel einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis lässt sich das gut erkennen:

Praxisbeispiel: Ärztliche Gemeinschaftspraxis

Der Arzt haftet immer, und bei Konflikten in der Kooperation kann diese Haftungsfrage plötzlich sehr virulent im Raum stehen. Herr Dr. A. weiß das nur zu gut. Deshalb bemüht er sich, das zunehmend gereizter werdende Verhältnis zu seiner Partnerin in der Gemeinschaftspraxis, Frau Dr. S., zu ignorieren. „Im Falle eines Konflikts besteht immer die Gefahr“, so Herr Dr. A., „dass hintenherum Gerüchte gestreut werden bei den Institutionen, die dafür zuständig sind, Kunstfehler zu bearbeiten.“ Schon allein die Angst, dass Frau Dr. S. eines Tages diese Waffe gegen ihn benutzen könnte, veranlasst Herrn Dr. A., dem Konflikt aus dem Weg zu gehen, auch wenn es schon längst zwischen den beiden Partnern bröckelt und er sich dem Konflikt stellen müsste. Stattdessen ignoriert Herr Dr. A. die zunehmend aggressiven Reaktionen auf sein Erscheinen. Er geht auch darüber hinweg, als er plötzlichen, wütenden Attacken vor seinem Praxisteam ausgesetzt ist. Etwa zwei Jahre später musste er einen Rechtsanwalt beauftragen, um der Klage seiner Kollegin, er habe im Falle einer seiner Patientinnen fahrlässig gehandelt, Herr zu werden. Was er nicht bemerkt hatte, im Laufe des Konflikts hatte Frau Dr. S. begonnen, auch auf seine Patienten zuzugehen und sie zum Verhalten von Herrn Dr. A. zu befragen. Erst als die zweite Klage eintraf, bat Herr Dr. A. um eine professionelle Begleitung des Konflikts.

Nicht geklärte Konflikte und unausgesprochene Befürchtungen machen angreifbar und beeinflussen störungsverstärkendes Verhalten. Nichthinsehen bannt keine Eskalationsgefahr.

1.1.2 Konflikte verändern die Unternehmenskultur

Bei einem prozessorientierten Einsatz in einem großen Unternehmen fand sich folgende Dynamik:

Praxisbeispiel: Mittelständisches Unternehmen in der Medienbranche

Das Team sitzt beieinander. Schnell ist zu erkennen, dass es einen „Sündenbock“ gibt. Im Sekundentakt wird diese Person reglementiert; ihr wird der Mund verboten, und setzt sie dennoch zum Sprechen an, folgt die Reaktion auf dem Fuß: Sie wird unterbrochen, es wird mit den Augen gerollt, gestöhnt und gepöbelt. Zwischendurch wird beschwichtigt. Alles halb so wild: „Wir machen nur Spaß.“ Auf die Frage, wie lange dieser „spaßhafte“ Umgang miteinander bereits gepflegt wird, folgt die Antwort: „Seit der Druck in der Firma so groß geworden ist, ist es nur noch mit Humor auszuhalten.“ Statt Streiten und Ankeifen sei das hier die bessere Lösung.

Dieses Beispiel zeigt, was passiert, wenn Konflikte und gereizte Situationen als gegeben hingenommen werden. Signale werden übergangen, und deren Ursache kann sich ungestört weiter ausbreiten. In diesem Fall setzte eine Mobbingdynamik ein, die die Unternehmenskultur maßgeblich negativ beeinflusste.

1.1.3 Konflikte machen krank

Konflikte produzieren Stress, stoßen interne Schmerzpunkte an und erinnern an schlechte Erlebnisse, kurz, sie machen etwas mit uns. Alles, was etwas in uns anstößt, zeigt sich auch von außen. Wir signalisieren eine Reaktion auf den Konflikt, und irgendwann zeigen sich Symptome wie Kopfschmerzen, Rückenleiden, Verdauungsbeschwerden und Co.

Praxisbeispiel: Mittelständisches Unternehmen im Informationswesen

Herr L. ist seit Kurzem Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens. Vor seinen Mitarbeitern in Aktion fiel auf, dass er sich recht steif bewegte und immerzu lächelte. Dazu stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Seine Kommunikation war gestelzt, und die Reaktionen auf ihn waren dementsprechend. Er bat darum, ihn zu einem guten Einstand in der neuen Firma zu begleiten. Mit dieser Ausstrahlung hätte das nicht geklappt. Ein kurzes Zwischengespräch mit Herrn L. brachte hervor, dass sein Ausscheiden aus der Vorgängerfirma nicht freiwillig war. Er wurde gegangen, nachdem sich seine Kollegen gegen ihn gestellt hatten. Dieser Konflikt mit der damit einhergehenden Verletzung wirkte noch nach und produzierte zahlreiche Folgesignale, die sich in Magenkrämpfen, Schwindelanfällen und Kopfschmerzen äußerten.

Ungelöste, unverarbeitete sowie nicht entschärfte Konflikte wirken nicht nur psychisch sowie physisch weiter, sie finden auch ihren Ausdruck im eigenen sowie im Reaktionsverhalten anderer.

1.1.4 Konflikte gefährden Existenzen

Praxisbeispiel: GmbH & Co. KG im Bauwesen

Zwei Unternehmer sind überzeugt, gemeinsam sei man doppelt so stark. Also schließen sie sich zu einer GmbH & Co. KG zusammen. Zunächst scheint alles gut zu gehen, doch dann schleichen sich Differenzen ein.

Zum Zeitpunkt meines Einsatzes sind beide Geschäftspartner bereits nicht mehr souverän. Das Level der Reizbarkeit ist hoch. Wenn einer nur den Mund aufmacht, ist der andere schon total aufgebracht und schreit. Auffallend ist eine krasse und vulgäre Wortwahl, obwohl beide Partner hochgebildet sind. Frau R. reagiert stark emotional und sprengt jegliche sachliche Ebene; sie springt immer wieder auf und droht, den Raum zu verlassen. Herr M. ist darüber verzweifelt und schwankt zwischen Flehen und Wut. Beide Seiten wollen nur noch eins: sich trennen und dem anderen nichts lassen. Die Situation ist das Ergebnis eines verschleppten Konflikts, verursacht durch Überbeanspruchung und einen äußerst hohen Stresspegel. Diesen Zustand stehen beide Partner etwa vier Jahre durch, bis die Situation endgültig entgleist: Es werden Schläge angedroht und Mitarbeiter „zur Sau“ gemacht. Selbst die Anwesenheit von Kunden ist kein Hinderungsgrund mehr, aufeinander loszugehen.

Es kommt zu einer Kündigungswelle. Die Gesellschafter bewältigen die Arbeit nicht mehr; erst als die Firma hochwertige Aufträge verliert, suchen die Partner Hilfe.

Zusammenfassung

Konflikte verschwinden nie von alleine. Lässt man sie laufen, dann erzeugen sie Druck, binden...

 

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