Grafische Methoden der Prozessanalyse

Urs B. Meyer, Simone E. Creux, Andrea K. Weber Marin

Grafische Methoden der Prozessanalyse

2005

466 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

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ISBN: 9783446403741

 

1.6 Projektziele von POA-Modellen (S. 18-19)

1.6.1 Neuplanung

Für das Design und die Planung eines neuen Systems, beispielsweise eines neuen Produktionsbetriebs, ist ein top-down Vorgehen von Vorteil. Durch eine optimale Auslegung von Prozessen mit der Definition ihrer Schnittstellen wird ein neues System geplant. Die Schnittstellen werden dabei auf den Produktfluss ausgerichtet, der auch die Abfolge der Prozesse festlegt. Die anderen Flüsse, wie Ressourcen, Materialien und Informationen werden so geleitet, dass die Prozesse optimal versorgt werden. In der Systemstruktur werden die Prozesse so gruppiert, dass die Anzahl Flüsse auf der jeweiligen Ebene minimal wird. In Realität heisst dies, überflüssige Schnittstellen auszuschalten.

In den Fallstudien F4 und F5 werden neue Systeme mit POA geplant. Kapitel F4 zeigt die Neukonzeption einer Entmagnetisierlinie für Masken von Bildröhren. Diese Prozesslinie wurde mit Hilfe des Flussdiagramms und Zustandsdiagramms von POA entwickelt und in die Wirklichkeit umgesetzt. Kapitel F5 führt ein neues Konzept einer Weberei ein, das wegen einer Maschine mit einer neuen Funktionsweise notwendig wurde. Um die Handhabung dieser Maschinen im Betrieb zu planen und um herauszufinden, welche Bereiche wie Arbeitsorganisation, Layout oder Materialfluss davon betroffen sind, wurde eine Simulation durchgeführt.

1.6.2 Technische Aufdatierung
Ein anderer Analyseansatz wird gewählt, wenn ein bestehendes System zum Zweck einer Optimierung, einer Automatisierung oder eines Reengineerings untersucht werden soll. In diesem Fall wird die bestehende Struktur des Systems ins Modell übernommen (IST-Analyse). Dies kann durch ein top-down oder bottom-up Vorgehen geschehen, je nach den Voraussetzungen, welche das reale System bietet. Für die Modellierung eines bestehenden Systems ist es speziell wichtig, eine systematische Analysemethode mit strikten Regeln für die Modellierung einzusetzen. Die erste Abklärung betrifft den Freiheitsgrad bezüglich alternativer Lösungen für das System. Das Modell des momentanen Systemzustands wird nämlich im Rahmen einer Analyse und Optimierung verändert, indem alternative Prozessabläufe, Zusammenlegungen von Prozessen, Änderung der Struktur und Verminderung von Schnittstellen untersucht und vorgeschlagen werden. So entsteht ein Modell des gewünschten Systemzustands (SOLL-Modell), das schrittweise in die Wirklichkeit umgesetzt wird.

Fallstudie F6 beschäftigt sich mit dem Transportsystem in einer militärischen Festung. Diese Transporteinrichtung, eine Standseilbahn, muss erneuert werden, um die weitere Nutzung der Festung zu ermöglichen. In diesem Projekt wurde mit POA ein Konzept für eine neuartige Steuerung der Standseilbahn erstellt, als Maschinensteuerung programmiert und simuliert.

1.6.3 Reverse Engineering

In den vorher erwähnten Fällen war das Ziel von POA, den kreativen Prozess der Systemgestaltung, der auf einer systematischen und konsistenten Methode beruht, zu unterstützen. Im Falle eines Reverse Engineerings geht es für die Unterstützung des Systemverständnisses in erster Linie darum, eine Übersicht über ein System zu erlangen. Viele Produktionssysteme sind mangelhaft dokumentiert und funktionieren lediglich dank der Kompetenz weniger Mitarbeiter. Um die Systemstabilität zu fördern werden mit POA die Prozessspezifikationen und Definitionen der Schnittstellen erstellt. Dafür geeignet ist ein bottom-up Vorgehen, das von der Maschinenebene ausgeht.

In den Fallstudien F2 und F3 wird ein Reverse Engineering behandelt. Das heisst, dass ausgehend vom Produkt der Pfad der Prozesse rückwärts analysiert wird. Die reale oder virtuelle Produktionslinie wird modelliert, je nachdem wieweit man diese kennt und Zugang dazu hat. Kapitel F2 nimmt eine wirtschaftliche Produktionsanalyse eines gewobenen Stoffes vor. Dabei wird das System auf mehreren Ebenen mit dem Wertfluss-Diagramm strukturiert, Kosten und Wertschöpfung berechnet und mit den in der Firma bestehenden Zahlen verglichen. Kapitel F3 führt eine Exergieanalyse einer Croissant-Produktion mit dem Ressourcenfluss- Diagramm durch. Es wird untersucht, ob Energieströme in der Produktion rezykliert oder wiederverwendet werden können.

 

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