Agile Innovation Sprint - Innovation im Unternehmen erlebbar machen

Andrea Kuhfuß, Patrick Runge

Agile Innovation Sprint

Innovation im Unternehmen erlebbar machen

2024

212 Seiten

Format: PDF, ePUB

E-Book: €  49,99

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ISBN: 9783446478510

 

1 Einleitung

Der Grund für dieses Buch

Der Graph von Astro Teller1 aus dem Jahr 2016 macht es deutlich: Technologien entwickeln sich exponentiell weiter; die menschliche Anpassungsfähigkeit allerdings verläuft mehr oder weniger linear:

Hätte sich ein VW Käfer von 1971 analog zur Entwicklung von Mikroprozessoren weiterentwickelt, könnten wir damit 300.000 Meilen pro Stunde fahren. Mit einer Gallone Benzin kämen wir zwei Millionen Meilen weit. Das Ganze würde uns lediglich 4 Cent kosten.2

Eric C. Leuthardt, Neurochirurg, schreibt in seinem Blog Brains and Machines, dass der Grund für die beschleunigte technologische Veränderung derselbe ist, warum vernetzte Computer so leistungsstark sind. Je größer die Zahl der Prozessoren, umso schneller lässt sich eine bestimmte Aufgabe ausführen.3

Die Zusammenhänge, in denen wir uns bewegen, sind kompliziert, wenn nicht sogar komplex und mitunter chaotisch. So verändern sich die technischen Grundlagen einer Gesellschaft alle fünf bis sieben Jahre. Wir Menschen brauchen jedoch zehn bis 15 Jahre, um uns anzupassen. Das bedeutet, dass wir uns im Zustand konstanter Anpassung befinden.4

In Bezug auf den Graphen von Astro Teller (siehe Bild 1.1) gelingt Menschen die Anpassung an technologische Entwicklung am ehesten, wenn sie sich konstant weiterbilden, sich mit anderen Menschen aus unterschiedlichsten Disziplinen und Zusammenhängen vernetzen, kollaborativ zu arbeiten, ihr Wissen teilen und Fragen stellen, um vielfältige Antworten auf unsere essenziellen Fragen zu stellen.

In der computergesteuerten Welt geht es also darum, logische Einheiten zu verbinden, um immer schnellere analytische Aufgaben zu erledigen, in der menschlichen Welt darum, kreative Einheiten (also uns) zu verbinden, um immer kreativere Aufgaben zu erledigen.

Mit diesem Buch wollen wir Sie dabei unterstützen, gemeinsam mit anderen Akteur:innen zu kreativen Einheiten zu werden, die gemeinsam innovative Lösungen für komplizierte, komplexe und chaotische Fragestellungen aus der eigenen Organisation, für Kund:innen und Mitmenschen entwickeln.

Wir wollen Sie befähigen, nutzer:innen- und zukunftsorientierte Ideen und Konzepte für gewünschte, technisch machbare, wirtschaftliche und nachhaltige Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Bild 1.1 Astro Teller Graph

Aus der Organisationsentwicklung kommend, legen wir Fokus auf das Thema Teamaufbau und Teamentwicklung und verquicken dieses Wissen mit unserem Know-how im Bereich Innovationsmanagement und agiles Arbeiten.

Was ist ein Agile Innovation Sprint?

Der von uns konzipierte Agile Innovation Sprint (AIS) ist ein strukturierter Prozess, der darauf abzielt, Sie und Ihre Teams aus unterschiedlichen Hintergründen und Disziplinen in die Lage zu versetzen, die Probleme Ihrer Kund:innen zu lösen. Durch die Anwendung von agilen Frameworks, Praktiken und Prinzipien wie Design Thinking und Agilität können Sie kreative und nutzer:innenorientierte Lösungen für komplexe Fragestellungen innerhalb von nur fünf Wochen entwickeln. Der Sprint wird digital durchgeführt, was eine standortübergreifende Teamzusammensetzung ermöglicht, ist aber auch analog und an einem Standort durchführbar.

Wir möchten Ihnen nachfolgend kurz die Idee hinter dem AIS und dessen Mehrwert vorstellen.

Unsere magische Formel: fünf Menschen x fünf Wochen und das Ganze digital. Warum eigentlich?

Das Ganze digital

Als wir im April 2021 mit dem QLab Think Tank gestartet sind, blieb uns keine andere Wahl, als digital zu arbeiten – die Lockdowns im Zuge von Covid haben es möglich gemacht. Wir haben aber sehr schnell begriffen, dass uns das digitale Arbeiten mit klugen Menschen aus aller Welt und aus unterschiedlichen Disziplinen in Kontakt bringt.

Diese Teamzusammenstellung sorgt konstant für den berühmten Blick über den Tellerrand und dafür, dass wir nicht im eigenen Saft schmoren. Analog wäre das nicht möglich gewesen. Wir erhalten Bewerbungen aus Afghanistan, Argentinien, Bangladesch, Brasilien, Indien, Kanada, Puerto Rico, den USA und vielen anderen Ländern.

Unsere Teammitglieder aus Rio de Janeiro sitzen morgens um 5 Uhr mit uns im täglichen Check-in; für unsere Teammitglieder in Indien beginnt der Arbeitstag in ihrer Zeitzone mittags um 12 Uhr. Da knurrt abends beim Wrap-up dem einen oder der anderen schon mal der Magen.

Fünf Menschen

Laut Hackmann und Vidar liegt die ideale Teamgröße im Durchschnitt bei 4,6 Personen.5 Wir haben quasi aufgerundet und arbeiten mit fünf Personen im Kernteam, die von uns begleitet werden. Unser direktes Projektumfeld umfasst außerdem unsere Auftraggeber:innen, für die wir den AIS durchführen und weitere Stakeholder, die Nutznießer:innen der Projektergebnisse sind. Im indirekten Projektumfeld finden sich bspw. Expert:innen, die uns mit ihrem Fachwissen versorgen.

Fünf Wochen

Den AIS im Rahmen von fünf Wochen (40 Stunden/Woche) durchzuführen, war ein Experiment, das wir mittlerweile sechs Mal erfolgreich vertestet haben. Unser Mitautor Patrick Runge, der im ersten Sprint Teil des Sprint-Teams war, ist überzeugt, dass fünf Wochen ausreichend sind, um den Prozess mit vernünftigen Ergebnissen abzuschließen, und kurz genug, um sich wirklich zu fokussieren, nicht in alte Muster zu fallen und ein nahes Ziel vor Augen zu haben.

Der QLab Think Tank bietet eine unvergessliche fünfwöchige Reise. Eine wertvolle Erfahrung, vollgepackt mit Wissen zu Design Thinking, Unternehmensstrategie, Teambuilding und agilen Methoden.

Waleed Ahmad, M.SC Sustainable Resource Management, M.SC Advanced Materials

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der AIS so konzipiert ist, dass

       fünf sich unbekannte Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen und Kulturen von Tag 1 als Team agieren und einer gemeinsamen Vision in Form einer Design Challenge, also der Aufgabenstellung des Sprints, folgen;

       die Teammitglieder sich darauf einlassen, in einen Prozess einzusteigen, der zwar lösungsorientiert, aber ergebnisoffen ist;

       die Teammitglieder lernen, mit Software zu arbeiten, die ihnen teilweise nicht bekannt war;

       die Teammitglieder lernen, Kontakt zu unbekannten Expert:innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft aufzunehmen;

       die Teammitglieder eigenständig qualitative und quantitative Umfragen mit Nutzer:innen, Kund:innen oder anderen Stakeholdern entwickeln und durchführen;

       die Teamglieder auf Grundlage ihrer Forschung idealtypische Nutzer:innen (Personas) entwickeln und dabei lernen, warum es wichtig ist, die Bedürfnisse hinter Bedürfnissen von Kund:innen zu kennen;

       die Teammitglieder zur Lösung der Probleme der Personas maßgeschneiderte Ideen entwickeln und diese auf Grundlage verschiedener Kriterien zu validieren, -testen und Feedback potenzieller Kund:innen einholen;

       die Teammitglieder ihre Rechercheergebnisse dokumentieren und in einer ansprechend gestalteten Case Study am Ende des AIS an unsere Kund:innen übergeben;

       Menschen befähigt werden, ihre Komfortzone zu verlassen, konstant in der Lernzone sind und hin und wieder auch in der Säbelzahntigerzone landen.

Nach sechs Sprints, sechs Teams, sechs unterschiedlichen Auftraggeber:innen und sechs inspirierenden, sehr unterschiedlichen Ergebnissen war klar: Der Prozess funktioniert hervorragend, auch wenn wir keine Expert:innen für die jeweiligen Themen sind.

Durch die Kombination von Design Thinking und agilem Arbeiten gelingt es uns, Menschen von Tag 1 an in wertschätzende und wertschöpfende Arbeit zu bringen, einen Rahmen zu kreieren und einen auf Werten basierten Prozess anzubieten, der Sicherheit gibt und den unsere Teammitglieder selbstorganisiert und eigenständig mit Leben füllen können.

Übertragbarkeit des Agile Innovation Sprint ins eigene Unternehmen

Dieses Vorgehen funktioniert natürlich auch in Ihrem Unternehmen mit Menschen, die bereits zusammengearbeitet haben oder die im Rahmen eines Projekts erstmals zusammenkommen. Erfahrungsgemäß ist es aus einem Unternehmen kommend schwieriger, den Blick über den Tellerrand zu bewahren, aber die hier im Buch beschriebene Methodik und Haltung wird Sie beim Perspektivwechsel unterstützen.

Für einen AIS mit Kolleg:innen im eigenen Unternehmen und über unterschiedliche Standorte hinweg spricht, dass die Übertragbarkeit von Ideen, Konzepten und Prototypen in die Organisation im Anschluss an den Prozess wesentlich einfacher gelingt. Das durch die Arbeit nebenbei erlernte Prozess- und...

 

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