Der Generationen-Pakt - Warum die Alten nicht das Problem, sondern die Lösung sind

Herbert Henzler, Lothar Späth

Der Generationen-Pakt

Warum die Alten nicht das Problem, sondern die Lösung sind

2011

216 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

E-Book: €  19,90

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ISBN: 9783446427426

 

"22. SENIOREN – DIE NEUEN LEINWANDSTARS? (S. 159-160)

Gütige Großväter und rührende Omas spielten früher in Film und Werbung höchstens Nebenrollen. Jetzt sind die Alten die Stars. Sie rauben Banken aus und dürfen sogar erotisch sein. Überall in unserer Gesellschaft wird am Bild des älteren Menschen gebastelt.


Es lohnt sich, mal wieder ins Kino zu gehen. Auch wenn einem dort der Geruch nach fettigem Popcorn und die Lautstärke rücksichtsloser Jugendlicher entgegenschlägt: Es ist zu emp fehlen. Das Kino bietet wunderbare Rollenmodelle, vor allem für Männer, die die 50 schon länger überschritten haben. Im Kino wird alles gut, auch wenn der Mann noch so schlecht drauf ist. Jeff Bridges zum Beispiel bekam 2010 den Oscar für seinen aus allen Fugen geratenen Countrysänger in »Crazy Heart«. Der Typ raucht Kette, trinkt Whiskey wie aus Eimern, brüstet sich mit schlechtem Benehmen und zynischen Sprüchen, und natürlich verliebt sich eine wunderschöne junge Journalistin in ihn; man weiß nicht genau warum, vielleicht weil der alte Zausel wirklich gut singt.

Männer, die attraktiv verwittern, kriegen im Kino immer noch die schönen Frauen. Sie verfügen oft über eine Art Überbietungscharme, sie sind einfach die besseren Kerle: Jeff Bridges, Clint Eastwood, Robert Redford. Oder Sean Connery: Der alte James Bond, Jahrgang 1930, durfte ganz knapp vor der Jahrhundertwende noch mal Catherine ZetaJones erobern – natürlich nur im Film (»Verlockende Falle«). Seine Filmpartnerin wiederum ist im echten Leben mit einem Mann verheiratet, der ebenfalls kein Jüngling mehr ist: Michael Douglas ist ein Vierteljahrhundert älter als seine Frau. Auch im deutschen Film sind knackige Endfünfziger noch lange nicht zu alt für die Liebe, sprich: für die Liebe zu einer faltenfreien Frau. Henry Hübchen oder Burghart Klaußner in »Alter und Schönheit « wissen: Man kann immer neu beginnen – solange man noch Ferrari fahren kann.

Kann man allerdings keinen Ferrari mehr fahren, sieht es weniger rosig aus. Dann kommt man als älterer Mann höchstens noch in Nebenrollen auf die Leinwand – der gütige Großvater, der tüdelige Patriarch, vielleicht noch der unbequeme Schwiegervater. Auch beliebt, aber wenig schmeichelhaft: der Dirty Old Man oder der peinliche Sugar Daddy. Alt werden im Film ist nicht leicht. Aber es tut sich etwas.

Vielleicht sind es auch nur Einzelfälle, vielleicht markieren sie eine Wende: Filme, in denen Menschen über 60 Sex haben dürfen, wie »Wolke 9« (2008) von An dreas Dresen; Filme, in denen alte Menschen ihr Altsein in einer Hauptrolle ausspielen wie »The Straight Story« von David Lynch (bereits 1999) – die wunderbar ruhige Geschichte über einen Kauz, der seine arthritischen Glieder auf einen SelbstfahrerRasenmäher manövriert und 300 Meilen zu seinem todkranken Bruder tuckert; Filme wie »Young@Heart«, wo 80 bis 90Jährige PunkSongs singen, dass einem das Herz aufgeht. Neuerdings dürfen Alte sogar aufbegehren und Dinge tun, die sich nicht gehören.

Zwar hat sich schon in »Harold und Mau de«, dem Kultfilm von 1971, ein 18Jähriger in eine unkonventionelle alte Dame verliebt. Aber das war wirklich eine Ein tagsfliege und hatte mit dem wirklichen Leben nichts zu tun. Inzwischen müssen die Alten, jedenfalls die Alten im Kino, keine falschen Rücksichten mehr nehmen. Sie können sich bisweilen mehr erlauben als die Jungen und dürfen sich sogar wehren gegen die Zumutungen der Moderne.

Zum Beispiel diese Geschichte: Eine alte Dame muss ins Senioren­ heim, weil ihr irgendwelche Banken das kleine Häuschen abgeluchst haben. Im Heim bildet sich rasch eine pfiffige RentnerGang, die den Kredithaien erfolgreich ein Schnippchen schlägt. »Dinosaurier« heißt die Komödie von dem vergleichswei se jugendlichen Regisseur Leander Haußmann, in den Haupt rollen EvaMaria Hagen und das SchauspielRentnerpaar Nadja Tiller und Walter Giller, beide über 80 und selbst in einer schönen Seniorenresidenz zu Hause."

 

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