Kleine Management-Schule

Frank Arnold

Kleine Management-Schule

2010

82 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

E-Book: €  4,99

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ISBN: 9783446424838

 

Sich auf eine (!) Aufgabe konzentrieren (S. 47-49)

Eine Stunde mit Michelangelo

Michelangelo Buonarroti (1475–1564) ist der Welt als der größte Bildhauer und einer der größten Maler der Geschichte im Gedächtnis geblieben. Seine Leidenschaft galt aber immer dem Bildhauen und so nannte er sich stets scultore, empfand aber selbst diese allgemeine Berufsbezeichnung später, als er ein tieferes Gefühl für seine künstlerische Bestimmung entwickelt hatte, als suspekt. Zum Stein als Material hatte er eine ganz besondere Beziehung. So schrieb er in einem Antwortgedicht an Giovanni Strozzi, der sich zuvor von einer Skulptur Michelangelos zu einem Gedicht hatte inspirieren lassen: „Schlaf ist mir lieb, doch über alles preise ich, Stein zu sein.“

Was nun seine Malerei anbelangt, so mag diese zwar wahrhaft vollkommen sein, gegen das Malerhandwerk hatte sich Michelangelo jedoch zeit seines Lebens gewehrt, das seiner Ansicht nach „etwas für Weiber“ wäre. In Briefen und Gedichten betonte er immer wieder: „Ich bin kein Maler.“  Hätte Papst Julius II. ihn nicht zur Malerei gezwungen, wäre er bei der Bildhauerei geblieben. Den am 10. Mai 1508 begonnenen Auftrag zur Bemalung der Decke in der Sixtinischen Kapelle empfand er als Zwang und Zumutung und unter seiner Würde und Begabung. Schlimmer noch, er fühlte sich kaltgestellt, weil es ihm gleichsam als Sieg seiner Gegner erschien, dass Bramante die Basilika St. Peter abreißen durfte und den neuen Dom für den Papst bauen sollte, der dürftige Malauftrag an Michelangelo zur Decke der Sixtina lautete hingegen: „Zwölf Apostel mit einem Ornamentbaldachin.“

Falls es ein „Geheimnis“ zur Wirksamkeit gibt, so ist es Konzentration. Dieses Geheimnis war Michelangelo nur zu bekannt. Er wusste, dass er all die Skulpturen, die er noch erschaffen wollte und die vor seinem geistigen Auge schon Realität waren, nur dann würde verwirklichen können, wenn er sich kompromisslos auf die Bilderhauerei konzentrieren würde. Er wusste um seine einzigartige Stärke. So wundervoll die Werke, die er als Maler schuf, auch waren, niemand sonst konnte einen David in dieser Meisterhaftigkeit aus dem Stein schlagen, genauso wenig wie einen trunkenen Bacchus, einen Moses oder eine Pietà. Dass es Michelangelo trotzdem gelang, auch noch über die Malerei und Bildhauerei hinaus Großes zu leisten und unter anderem die Bauleitung der Peterskirche zu übernehmen, deren Kuppel er zudem noch entwarf, trug ihm schon zu Lebzeiten den Ruf eines Genies ein. Und so trug es ihm im Volk auch ehrfürchtig einen Beinamen ein: Il Divino, der Göttliche.

 

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