Qualitätssicherung - Praxiswissen

Gerd F. Kamiske

Qualitätssicherung - Praxiswissen

2015

100 Seiten

Format: ePUB

E-Book: €  29,99

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ISBN: 9783446446113

 

2 Sieben elementare Werkzeuge der Qualitätssicherung (Q7)

Die elementaren Werkzeuge der Qualitätssicherung werden meist als "die" Sieben Qualitätswerkzeuge (Q7) bezeichnet und wurden ursprünglich von dem Japaner Kaoru Ishikawa zur Anwendung in Qualitätszirkeln zusammengestellt. Sie dienen zur systematischen Erfassung von Daten und zur Visualisierung und Analyse der Erhebungsergebnisse. Mit Ausnahme des Ursache-Wirkungs-Diagramms waren sie schon vorher bekannt und wurden für die Qualitätssicherung eingesetzt. Die eigentliche Neuerung lag in der systematischen Anwendung mehrerer oder aller Werkzeuge zusammen. Denn obwohl jedes für sich anwendbar und wirksam ist, sind die Werkzeuge in dieser Zusammenstellung besonders effektiv.

Im Laufe der Zeit wurden die Werkzeuge weiterentwickelt und ergänzt, sodass heute bereits über 20 "elementare" Qualitätswerkzeuge zur Verfügung stehen. In der Literatur finden sich je nach Anwendungsfall unterschiedliche Zusammenstellungen von jeweils sieben Werkzeugen, von denen die wichtigsten im Folgenden vorgestellt werden.

Die Qualitätswerkzeuge werden in einer festgelegten Reihenfolge angewendet, um die Problemlösung zu strukturieren und zu systematisieren. Das zugrunde liegende Vorgehensmodell wird dabei als erstes der sieben Werkzeuge verstanden. Weitere Qualitätswerkzeuge unterstützen die Datensammlung, die Auswertung und Visualisierung der Ergebnisse, das Erarbeiten von Lösungsalternativen und die Beobachtung der Lösung mit dem Ziel der ständigen Verbesserung des erreichten Niveaus.

Als Grundlage für den Einsatz von Qualitätstechniken stehen verschiedene Phasenschemata zur Verfügung, die entsprechend der Problemstellung ausgewählt werden. Allen Modellen gemeinsam sind die konsequente, sequenzielle Vorgehensweise sowie die Rückkopplung der einzelnen Schritte. Alle beteiligten Mitarbeiter sollten bereits in dieser Phase einbezogen werden, um einerseits ihre Ideen berücksichtigen zu können, andererseits um Einführungswiderstände zu vermeiden. Ein typisches Modell ist das folgende Phasenschema (Ebeling 1994):

  • Problem erkennen,

  • Ziel setzen,

  • Problemanalyse,

  • Erarbeiten von Lösungsalternativen,

  • Bewertung und Auswahl der Lösung,

  • Realisieren der Lösung.

  • laufendes Überprüfen und Verbessern der Lösung.

2.1 Aufnahmebögen (Fehlersammelliste)

Als Hilfsmittel für die vollständige Erfassung und Strukturierung von Daten werden verschiedene Formen von Aufnahmebögen eingesetzt. Mit ihnen werden Daten (z. B. Fehler) nach Art und Anzahl erfasst, wobei noch keine Rückschlüsse auf den Grund der Entstehung der Daten und deren zeitliche Abfolge berücksichtig werden. Die erhobenen Daten dienen als Eingangsgröße für weitere Werkzeuge wie z. B. Diagramme.

Bei der Erstellung von Aufnahmebögen müssen einige Punkte beachtet werden. Folgendes Konzept hat sich bewährt:

  • Erhebungsziel,

  • Datenumfang schätzen,

  • Aufnahmeart und Format des Bodens bestimmen,

  • Daten probehalber sammeln und eintragen,

  • Bogen überprüfen und eventuell verbessern.

Dabei sollte der Aufnahmebogen möglichst einfach zu handhaben, dem Problem angemessen und weitgehend formalisiert sein. Die Erhebungszeitpunkte werden im Voraus festgelegt. Sie können in einem bestimmten Rhythmus erfolgen oder im Zusammenhang mit kritischen Ereignissen stehen (z. B. Empfang einer Teilelieferung).

Gebräuchliche Formen von Aufnahmebögen sind unter anderem Fehlersammelkarten und Checklisten. Mit Fehlersammelkarten wird die Häufigkeit von Fehlern in vorbestimmten Fehlerklassen mittels einer Strichliste erfasst (Bild 2.1). Checklisten dienen zur Überprüfung des Vorhandenseins bzw. der Ausprägung bestimmter vorgegebener Merkmale.

Bild 2.1 Fehlersammelkarte

2.2 Histogramm

Das Histogramm ist ein Säulendiagramm, mit dem die Häufigkeitsverteilung von zu Klassen zusammengestellten Daten grafisch dargestellt wird (Bild 2.2). Auf der Abszisse werden die Klassen oder Merkmale eingetragen, auf der Ordinate die Häufigkeit. Die Fläche der Säule ist hierbei proportional zur jeweiligen Klassenhäufigkeit, sofern die Klassen gleich breit gewählt wurden. Die Anzahl der Klassen sollte der Übersicht halber zwischen fünf und 25 liegen.

Bild 2.2 Histogramm

2.3 Korrelationsdiagramm

Das Korrelationsdiagramm (Bild 2.3) dient zur Überprüfung eines vermuteten Zusammenhangs zwischen zwei Variablen (Merkmalspaar). Hierzu trägt man das Merkmalspaar in ein Koordinatensystem ein und erhält eine Punktwolke. Kann durch diese Wolke eine Gerade gelegt werden, so korrelieren die Merkmale je nach Steigung der Geraden in positiver (0 < r < 1) oder negativer ?1 < r < 0) Richtung. Ist dies nicht möglich, so liegt kein Zusammenhang zwischen ihnen vor (r = 0).

Im Gegensatz zur Regressionsanalyse wird bei der Korrelationsanalyse nicht von einer abhängigen und einer unabhängigen Variablen ausgegangen, sondern von zwei gleichberechtigten Variablen. Sie wird deshalb auch als Interdependenzanalyse bezeichnet. Aus diesem Grund können kausale Zusammenhänge nicht aus der Korrelationsanalyse abgeleitet werden.

Bild 2.3 Korrelationsdiagramme

2.4 Pareto-Diagramm

Das Pareto-Diagramm ist eine Sonderform des Histogramms (Bild 2.4). Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die einzelnen Fehler hier nicht nur nach ihrer absoluten Anzahl, sondern zusätzlich auch nach ihrer relativen Bedeutung geordnet werden. Dadurch können diejenigen Fehler lokalisiert werden, die für den größten Teil der Auswirkungen, z. B. der entstehenden Kosten, verantwortlich sind.

Bild 2.4 Gewicht der Fehler und Pareto-Diagramm

Es ist empirisch belegt, dass nur 20 bis 30% der Fehlerarten 70 bis 80% der Fehler ausmachen (Pareto-Regel). Die größtmögliche Wirkung kann also erzielt werden, indem diese Fehler zuerst beseitigt werden.

Um ein Pareto-Diagramm zu erstellen, müssen als Erstes Daten ermittelt werden, z. B. mittels einer Fehlersammelliste. Diese werden dann mit ihrem relativen Gewicht multipliziert, in absteigender Rangfolge sortiert und auf der Abszisse von links nach rechts eingetragen (werden die Fehler nicht gewichtet, handelt es sich im Prinzip um ein geordnetes Histogramm). An der Ordinate werden die Auswirkungen (z. B. die entstehenden Kosten) abgetragen. Mit einer Summenkurve werden Auswirkungen und Bedeutung der Fehler visualisiert.

2.5 Ursache-Wirkungs-Diagramm

Ursache-Wirkungs-Diagramme werden zur strukturierten Analyse und Diskussion eines Problems im Team eingesetzt. Ausgangspunkt ist eine aufgetretene Wirkung (meist Fehler), für die nun mögliche Ursachen gesucht werden (Bild 2.5).

Bild 2.5 Ursache-Wirkungs-Diagramm

Vorteilhaft ist die Erstellung des Diagramms mittels einer Pinnwand, auf der zuerst die Wirkung und die fischgrätenähnliche Struktur des Diagramms aufgetragen werden. Nun werden die Ursachengruppen erster Ordnung mittels Karten angeheftet. Bewährt hat es sich, hier auf vier bis sieben Ursachengruppen zurückzugreifen. Hierfür werden die Oberbegriffe Mensch, Maschine, Material, Methode, Messmittel, Management und Milieu verwendet. Die Teammitglieder suchen nach den möglichen Einzel- oder Nebenursachen, die vorerst kritiklos übernommen und an die Pinnwand geheftet werden. Diese Phase wird meist durch Kreativitätstechniken wie Brainstorming, Brainwriting usw. unterstützt. In einer anschließenden Diskussion werden die gefundenen möglichen Ursachen diskutiert und von der Gruppe z. B. mithilfe von Klebepunkten bewertet. Ergebnis sind einige wenige Ursachenschwerpunkte, die nun genauer untersucht werden.

2.6 Brainstorming

Ziel des Brainstormings ist es, in einer Gruppe zu einem vorgegebenen Thema Ideen, Argumente oder Lösungsvorschläge zu finden, die anschließend ? also nicht während des Brainstormings ? diskutiert und kritisch beurteilt werden. Beim Brainstorming können alle Teammitglieder beteiligt werden. Eine Idee kann von einem anderen Teammitglied ergänzt oder weiter ausgebaut werden, dadurch wird die Kreativität gegenseitig angeregt. Es besteht also kein individuelles Urheberrecht an einer bestimmten Idee.

Brainstorming sollte möglichst ohne Druck durchgeführt werden, damit bei den Teilnehmern innere Barrieren abgebaut werden und die freie Assoziation bzw. die Kreativität gefördert wird. Dazu ist es notwendig, Spielregeln einzuhalten.

Brainwriting ist eine ähnliche Methode wie Brainstorming. Der Unterschied liegt darin, dass jeder Teilnehmer für sich Ideen sammelt und selber aufschreibt. Beim elektronischen Brainstorming wird das Brainstorming mithilfe elektronischer Meetingsysteme online durchgeführt. Durch die mögliche Anonymisierung und das parallele Eingeben der Ideen werden Einflüsse der Gruppendynamik eliminiert.

Brainstorming kann mit oder ohne Moderator umgesetzt werden. Wird ein Moderator bestimmt, so hat dieser die Aufgabe, in das Thema bzw. das Problem einzuführen, darauf zu achten, dass die Spielregeln eingehalten werden, und, falls der Kommunikationsfluss ins Stocken geraten ist, diesen wieder in Gang zu bringen bzw. bei Abschweifungen wieder zum Thema zurückzuführen. Der...

 

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