Software in Zahlen - Die Vermessung von Applikationen

Harry M. Sneed, Manfred Baumgartner, Richard Seidl

Software in Zahlen

Die Vermessung von Applikationen

2010

386 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

E-Book: €  31,99

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ISBN: 9783446424487

 

11 Softwaremessung in der Praxis (S. 299-300)

Das Epizentrum der Softwaremessungspraxis ist die Universität Maryland in den USA. Dort hat Victor Basili schon in den 80er Jahren begonnen, Messexperimente am NASA Space Labor durchzuführen. Es wurden dort viele berühmte Metrikexperten, darunter der deutsche Professor Hans-Dieter Rombach, ausgebildet. Das dortige Institute for Empirical Research war immer bemüht, seine Messthesen auf empirischen Untersuchungen aufzubauen.

Es ist leicht, irgendwelche Messformeln in die Welt zu setzen. Es ist dagegen sehr schwer nachzuweisen, dass sie in der Praxis wirklich standhalten. Im Gegensatz zu vielen Metrikerfindern, die ihre Thesen mit ein paar Studenten austesten, war die Forschungsgruppe unter Prof. Basili immer bemüht, Messdaten aus industriellen Projekten zu sammeln und auszuwerten.

Es wurden nicht nur Projekte der NASA, sondern auch Großprojekte im amerikanischen Verteidigungsministerium über Jahre verfolgt und ihre Messdaten untersucht. Zahlreiche Veröffentlichungen sind dort hervorgegangen, die in diesem Buch zitiert sind. Heute gehört das Forschungsinstitut an der Universität Maryland zur deutschen Fraunhofer-Gesellschaft und heißt Fraunhofer Center for Experimental Software Engineering. Der ehemalige Doktorand Rombach ist zurückgekehrt und hat seinen ehemaligen Doktorvater Basili samt seines Instituts übernommen.

Dies hat für Deutschland den Vorteil, dass die deutsche Metrikforschung Zugang zur Quelle der angewandten Metrikforschung in den USA hat. Dort werden weiterhin industrielle Softwareprojekte untersucht und Messdaten gesammelt. Die besondere Leistung des amerikanischen Forschungsinstitutes liegt darin, dass es überhaupt einen Zugriff auf industrielle Projektdaten gewonnen hat. Amerikanische Entwicklungsbetriebe sind eher bereit, ihre Messdaten herzugeben, auch wenn sie in einem negativen Licht erscheinen – so what? In Deutschland ist es hingegen fast unmöglich, an Produktivitäts- und Qualitätsdaten aus der Industrie heranzukommen.

Die deutschen Anwender scheuen sich, ihre Daten preiszugeben – aus Angst, sie werden mit anderen verglichen und könnten schlecht abschneiden. Der Autor Sneed hat oftmals versucht, über Studentenarbeiten Produktivitätsdaten deutscher Großbetriebe zu gewinnen und zu analysieren. Die Versuche wurden immer mit fadenscheinigen Argumenten abgeblockt. So kommt man aber nicht weiter. Entwicklungsbetriebe müssten bereit sein, ihre Projektdaten zu Forschungszwecken freizugeben.

 

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