Fahrzeugentwicklung im Automobilbau - Aktuelle Werkzeuge für den Praxiseinsatz

Lars-Oliver Gusig, Arne Kruse, Thomas Baumann et al.

Fahrzeugentwicklung im Automobilbau

Aktuelle Werkzeuge für den Praxiseinsatz

2010

278 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

E-Book: €  23,99

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ISBN: 9783446424685

 

3 Definitionsphase (S. 39-40)

3.1 Aufgaben der Definitionsphase

In der Definitionsphase von Fahrzeugentwicklungsprojekten werden die inhaltlichen Grundlagen für alle folgenden Aktivitäten gelegt. Dieser Bereich erfährt seit einigen Jahren eine deutliche methodische Aufwertung, da Fehler, die bei der Vorgehensplanung und der Zielbeschreibung des Produktes gemacht werden meist erst kurz vor dem Serienanlauf, also etwa zwei bis drei Jahre später bemerkt werden und dann nur mit hohem zusätzlichen Kapazitäts- und Kostenaufwand korrigiert werden können. Trägt man die Kostenanteile der an der Produktentstehung beteiligten Bereiche getrennt nach Kostenverursachung und nach Kostenfestlegung auf, erkennt man, dass die frühen Definitionsphasen in der Entwicklung zu einem Großteil für die späteren Kosten verantwortlich sind, aber selber kaum Kosten verursachen (Bild 3.1). Die ersten Überlegungen zur Produktpositionierung und die strategischen Planungen zum Projektablauf werden meist von kleinen Planungsgruppen bearbeitet, die selber nur einen sehr geringen Kostenanteil verursachen. Erst in den späteren Phasen, wenn große Abteilungen von Konstrukteuren Zeichnungen an CAD-Systemen erstellen, Prototypen gebaut und getestet werden wird der Großteil der Entwicklungskosten verausgabt. Um spätere Änderungskosten zu minimieren und die Termine für die Markteinführung nicht zu gefährden ist es sinnvoll die Projektund Produktrahmenbedingungen sorgfältig zu klären.

Für die Fahrzeugentwicklung sind hier vier Bereiche von großem Interesse:

Produktpositionierung:
Das neue Fahrzeug muss im bestehenden Markt eindeutig positioniert und sowohl zu Wettbewerbern als auch zu eigenen Baureihen klar abgegrenzt werden. Dazu müssen die Marktsituation, aber auch die Verhaltensmuster der Kunden bei der Kaufentscheidung berücksichtigt werden.

Interkulturelles Management:
Sollen die Produkte auf globalen Märkten positioniert werden oder Entwicklung und/oder Produktion teilweise im Ausland erfolgen, müssen die jeweiligen kulturellen Eigenarten frühzeitig berücksichtigt werden um spätere Akzeptanzprobleme zu vermeiden.

Strategisches Management:
Das neue Produkt muss sich in die strategische Ausrichtung des Unternehmens oder die operative Planung des Bereiches eingliedern. Dazu ist es notwendig, sowohl den Prozess der Strategieableitung für Unternehmen grundsätzlich zu verstehen und die Positionierung der eigenen Produkte methodisch zu unterstützen.

Anforderungsmanagement:
Sind die Märkte analysiert worden und die strategische Ausrichtung des Unternehmens definiert worden, müssen die Eigenschaften des zukünftigen Fahrzeugs aus einer kundenorientierten, eher qualitativen Beschreibung in klar quantifizierbare technische Eigenschaften übersetzt und nachvollziehbar dokumentiert werden.

Die Definitionsphase beinhaltet eine Vielzahl von Teilschritten (vgl. Kapitel 2) und benötigt je nach Neuheitsgrad der Baureihe mindestens sechs Monate bis zu etwa zwei Jahren und findet meistens schon drei bis fünf Jahre vor Serienanlauf statt.

 

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