CNC-Fräsen für Maker - Baue, programmiere und steuere deine DIY-Fräse. Unter Einsatz von Shapeoko, GRBL, Fusion 360 und Estlcam

Ralf Steck

CNC-Fräsen für Maker

Baue, programmiere und steuere deine DIY-Fräse. Unter Einsatz von Shapeoko, GRBL, Fusion 360 und Estlcam

2019

277 Seiten

Format: PDF, ePUB

E-Book: €  27,99

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ISBN: 9783446462021

 

1 Einführung

Für den Maker ist eine CNC-gesteuerte Fräse sicher eines der interessantesten Projekte, die er angehen kann. Neben dem 3D-Drucker und dem Lasercutter dürfte die CNC-Fräse zu den automatisierten Werkzeugen zählen, die in Kreisen von Makern, Modellbauern, Bastlern und Technikfreaks am häufigsten eingesetzt werden. Dieses Buch führt in die Anschaffung, den Bau und den Einsatz einer solchen Fräse ein. Ziel ist nicht, professionelle Fräsqualität zu erreichen, sondern mit überschaubarem Budget eine möglichst zuverlässige, einfach zu verstehende und produktive CNC-Maschine zu bauen. Dazu müssen auch einige Abstriche gemacht werden, auf die ich im Folgenden noch eingehen werde.

Das CNC-Fräsen ist eines der wichtigsten Fertigungsverfahren in der Industrie. Vor allem wenn es um Metallteile geht, führt kaum ein Weg daran vorbei. Auch in der Kunststoffteileherstellung sind Fräsmaschinen unverzichtbar – hier allerdings nicht direkt zur Fertigung, sondern für die Herstellung der Spritzgussformen, in denen dann die Kunststoffteile gefertigt werden.

Profimaschinen sind sehr genau und schnell. Sie sind mit automatischen Werkzeugwechslern und Bestückungsrobotern ausgestattet, um eine Serienfertigung mit möglichst geringem Anteil an manuellen Handgriffen zu ermöglichen. All diese Anforderungen – bis auf die Genauigkeit, aber auch diese mit Abstrichen – haben wir im Hobbybereich nicht. Professionelle CNC-Bearbeitungscenter kosten deshalb auch sechs- oder siebenstellige Be­träge, während Hobbymaschinen im hohen drei- oder niedrigen vierstelligen Bereich liegen. Natürlich sind auch im Hobbybereich die Grenzen fließend. In manchem Hobbykeller steht ein Maschinenpark, den man eher in einem Kleinunternehmen vermuten würde.

In diesem Buch stelle ich eine preiswerte, aber leistungsstarke computergesteuerte 2,5D-/3D-Fräsmaschine für ein Budget um ca. 1000 Euro vor. Ich arbeite dabei auf Basis des Open-Source-Projekts Shapeoko, sodass du die Maschine nach deinen Vorstellungen gestalten und trotzdem von diesem Buch profitieren kannst (Bild 1.2). Mit einer Absaugung, einem Werkzeuglängentaster, einem Upgrade für Motoren und Steuerung sowie einer einfachen vierten Achse zeige ich Erweiterungs- und Ausbaumöglichkeiten auf.

Bild 1.1 Mit einer CNC-Fräse lassen sich die unterschiedlichsten Dinge erstellen. Hier entstehen die Holzteile für die vierte Achse.

Bild 1.2 Was man für etwa 1000 Euro bekommt: eine Shapeoko-X-Fräse

1.1 An wen richtet sich dieses Buch?

Interessierst du dich für die CNC-Technik? Hast du schon einen 3D-Drucker und möchtest in die „subtraktive“ Welt hineinschnuppern? Bist du Modellbauer, Maker oder ambitionierter Bastler? Dann wirst du dich in diesem Buch wiederfinden.

In der Maker-Szene duzt man sich. Deshalb spreche ich meine Leser mit „du“ an. Ich habe das Buch so aufgebaut, als ob wir zusammen in deinem oder meinem Hobbykeller säßen und das Projekt „CNC-Fräse“ gemeinsam angehen würden.

Um die CNC-Fräsmaschine zu betreiben, benötigst du digitale 2D- oder 3D-Vorlagen. CAD-Kenntnisse sind also hilfreich, allerdings werde ich in Kapitel 8 den kompletten Workflow von der Modellierung im CAD-System über die CNC-Programmierung im CAM-System bis zur Maschinensteuerung beispielhaft vorstellen, sodass du eine Idee bekommst, wie die Vorlagen entstehen. Darüber hinaus kann ich mein Buch CAD für Maker (ISBN 978-3-44645681-5) empfehlen, in dem ich detailliert in die 3D-Modellierung einführe (Bild 1.3).

Bild 1.3 Mein Buch CAD für Maker enthält Anleitungen zur 3D-Modellierung.

Im Zuge der Arbeit an meinem Buch CAD für Maker beschäftigte ich mich auch erstmals seit dem Maschinenbaustudium wieder mit CNC-Fräsmaschinen. Ich kann mich also gut in die Situation, die man als CNC-Neuling durchläuft, hineinversetzen.

Entsprechend habe ich CNC-Fräsen für Maker aufgebaut. Ich habe eine Liste von Anforderungen zusammengestellt, die eine Hobbyfräse in meinen Augen erfüllen sollte:

       Sie soll preiswert sein.

       Sie soll einfach bedienbar und aus einfach verfügbaren Standardteilen aufgebaut sein.

       Sie soll einfach erweiterbar sein.

       Sie soll eine große Community im Internet haben, die bei Problemen weiterhelfen und Tipps geben kann.

       Die Maschine soll Holz und Kunststoffe bearbeiten können.

       Die Möglichkeit, Aluminium zu bearbeiten, wäre schön, ist aber nicht Voraussetzung.

       Die Maschine soll mit kostenloser Software zu betreiben sein.

       Sie soll „bürotauglich“ sein, das heißt, die Maschine soll im Betrieb nicht allzu viel Schmutz und Lärm erzeugen und kompakt sein.

       Sie soll „genau genug“ sein.

Bild 1.4 Auch dieses Projekt aus meinem Buch CAD für Maker entstand auf der Shapeoko-X.

Selbstbau steht bei mir an erster Stelle. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Fräsmaschinen, die bereits fertig aufgebaut zu kaufen sind. Doch meiner Meinung nach erwirbt man erst dann echtes Wissen in einem Bereich, wenn man die Materie – zumindest in der Theorie – so weit durchdenkt, dass man eigene Entscheidungen treffen kann. Nur dann wird man sich die richtigen Geräte und Werkzeuge anschaffen.

Wir bauen in diesem Buch eine Shapeoko-Fräse (für nähere Ausführungen siehe Kapitel 2) und folgen damit einem bestimmten Bauplan. Das hat den Vorteil, dass wir Bausätze verwenden beziehungsweise vorkonfigurierte Pakete einkaufen können und uns damit die Mühe sparen, eine Vielzahl einzelner Schrauben, Scheiben und Rollen im Internet zusammenzusuchen. Ich habe zudem vorgefertigte Blechteile gekauft, da diese präziser gefertigt sind, als wenn ich diese selbst mit der Bohrmaschine bearbeitet hätte. Grundsätzlich kannst du jedoch fast alle mechanischen Teile der Fräse einzeln kaufen oder selbst herstellen. Du solltest also schrauben und löten können.

Bild 1.5 Größeres Kaliber: die Shapeoko-T mit Spindeltrieben, MaXYposi-Steuerung und vierter Achse

Warum einige der genannten Anforderungen besonders wichtig sind und miteinander zusammenhängen, werde ich noch genauer darlegen. Kurz gefasst: Je härter das zu bearbeitende Material ist, desto mehr Kräfte werden vom Fräser auf Spindel, Z-Achse, Portal und schließlich X-Achse übertragen. Verbiegt sich die Struktur der Maschine aufgrund dieser Kräfte, wird das Fräsergebnis nicht maßhaltig. Zudem kann nicht beliebig langsam gefräst werden, da sonst die beim Schneiden des Materials entstehende Hitze nicht abgeleitet werden kann.

Deshalb ist in Bezug auf die bearbeitbaren Materialien nicht die Kraft der Motoren der begrenzende Faktor, sondern die Steifigkeit des Maschinengestells (Bild 1.6). Mit Aluprofilen lassen sich die Kräfte beim Fräsen von härteren Metallen nicht mehr im Maschinengestell abfangen. Für eine Fräse, die sauber und zuverlässig Stahl oder dickes Alu bearbeiten kann, ist ein völlig anderer Aufbau notwendig, der speziell angefertigte Teile erfordert, was wiederum die Maschine verteuert. Solche Fräsen liegen im hohen vierstelligen bis fünfstelligen Eurobereich und damit außer Reichweite eines Heimwerkers.

Bild 1.6 Für die Bearbeitung von Metall werden eine sehr steife Maschine und starke Motoren benötigt. Die Abbildung zeigt die Innenansicht einer DMU 95 monoblock von DMG Mori (© DMG Mori).

Doch degradieren diese Einschränkungen die preiswerten Fräsmaschinen zur „Käsefräse“, die nur Käse schneiden kann und deren Werkstücke „Käse sind“, wie man oft im Internet liest? Ich finde nein. Wer wissen möchte, was man mit einer Fräse und Holz alles anstellen kann, der schaue sich unter anderem einmal auf der Website www.zenziwerken.de oder auf einer Modellbaumesse um, denn die meisten Modellflugzeuge und viele Mo­dellboote werden aus gefrästen Spanten und anderen Holzteilen gefertigt (Bild 1.7). Auch die im Modellbau sehr beliebten Hartschaumplatten lassen sich mit den preiswertesten Fräsen bearbeiten.

Nicht vergessen sollte man die Möglichkeit, Platinen zu gravieren. Das ist eine interessante Alternative zum Ätzen selbst entwickelter Leiterplatten. Gravuren in Acrylglas er­geben sehr schöne, beleuchtbare Schilder. Die Möglichkeiten sind mehr als umfangreich, auch ohne die Bearbeitung von Stahl. Immerhin lassen sich Aluminium und Nichteisenmetalle – wenn auch langsam – bearbeiten.

Der Aufbau einer Fräse aus Aluprofilen beschränkt also die Auswahl der Materialien, die man bearbeiten kann, hat aber unschätzbare Vorteile: Die Aluprofile kann man zum einen relativ einfach kaufen, zum anderen lässt sich die Größe der Fräse durch die Länge der Profile individuell an die eigenen Möglichkeiten und Anforderungen anpassen. Ebenso verhält es sich mit dem Riementrieb, den die in diesem Buch vorgestellte Fräse (zumindest anfänglich)...

 

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