Industrielle Beschichtung von Holz und Holzwerkstoffen im Möbelbau

Andreas Hänsel, Jorge Prieto

Industrielle Beschichtung von Holz und Holzwerkstoffen im Möbelbau

2018

400 Seiten

Format: PDF, ePUB

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ISBN: 9783446456679

 

2 Beschichtungsstoffe

Benjamin Kandt, Andreas Hänsel (Abschnitt 2.1.1)
Gerhard Görmar (Abschnitt 2.1.2)
Torsten Völkel (Abschnitt 2.1.3)
Jorge Prieto (Abschnitt 2.2)
Mario Beyer (Abschnitt 2.3)

2.1 Feste Beschichtungsmaterialien
2.1.1 Furnier

Mit Furnieren wurden schon vor vielen hundert Jahren Massivholzplatten und Bretter veredelt, entsprechend war das Intarsien-Handwerk hoch entwickelt und führte bezüglich der Möbeloberflächen zu den sicher teuersten Möbelstücken seiner Zeit. Die Industrialisierung der Furnierherstellung und Verarbeitung begann mit der Sperrholzerzeugung, da auf diesem Weg planflächige Werkstoffe erzeugt werden konnten, die wiederum mit einer zusätzlichen oder einer letzten Lage Furnier in Sichtqualität verklebt waren.

Mit der Industrialisierung der Möbelherstellung, ausgelöst durch die Erfindung und Einführung der Spanplatten, setzte sich die Furnieroberfläche in ihrer Erzeugung als industrielle Oberfläche durch. Dies ging einher mit Weiterentwicklungen der Zusammensetztechnik für die Furnierblätter und mit verbesserter Klebetechnik.

Durch die Industrialisierung der Oberflächentechnik, die zunächst nur die furnierte Oberfläche kopierte, entwickelte sich ein Wettbewerb hin zu gedrucktem Papier (Möbelfolien). In den vergangenen Jahren hat sich die Druck- und Oberflächentechnik wesentlich verbessert, sodass auch hier eine entsprechende Haptik in der Oberfläche möglich wird (Abschnitte 2.1.2.2.4 und 3.5.4). Dies führte zur weiteren Verdrängung des industriellen Einsatzes von Furnier für die Veredlung von Möbeloberflächen.

Zwischenzeitlich können in diesem Bereich auch Gegenentwicklungen beobachtet werden, indem der Unikat-Charakter, z. B. durch Holzfehler im Bereich der Massivholz-Verarbeitung, aber auch im Bereich der Furnierverarbeitung bei Möbeln gezielt betont wird. Ausdruck dafür ist u. a., dass innerhalb Deutschlands die Abnahmemengen von Furnier im Innenausbau und Handwerk größer als in der Industrie sind.

Durch den Einsatz von Holzwerkstoffen (Spanplatte und MDF) und die damit verbundene Notwendigkeit einer Schmalflächenbeschichtung (Abschnitt 3.2) hat sich eine Sonderbranche im Furnierbereich entwickelt, die Schmalflächenbeschichtungsmaterial in Form von fingergezinkten Endlosrollen herstellt1. Aus diesem Bereich heraus entwickelt sich weitergehend die Furnierummantelung, aber auch die Beschichtung mittels Softforming an Spanplatten (Abschnitt 3.2.2.3). Aktuell umfasst der Bereich Furnierkanten und Ummantelungsfurniere ca. 8 % der verarbeiteten Furniermenge. Bei der Ummantelung von Bauteilen geht eine Tendenz zu fertig lackierten, hochflexiblen Endlosfurnierrollen für die Erzeugung von Leisten aller Art (z. B. Sockelleisten, Glasleisten, Leisten für Zierbekleidungen).

Definition und Furnierarten nach Herstellungsverfahren für den Möbelbau

Nach DIN 68330 ist Furnier ein „Blatt aus Holz das durch Schälen, Messern oder Sägen vom Baumstamm, einem Teil des Baumes oder einer Wurzel gewonnen wird.“ 2 Neben der Beschreibung von Begriffen in DIN 68330 kann eine Unterteilung der Furnierarten nach dem Herstellungsverfahren sowie der Verwendung vorgenommen werden (Bild 2.1).

Bild 2.1 Darstellung der Kategorisierung der Furnierarten nach DIN 68330

Bezüglich der Herstellung von Furnieren wird auf die weiterführende Literatur verwiesen (siehe z. B. [SOI 1995], [KOL 1962], [WAG 2011] u. a.). Durch die Schnittführung bei der Herstellung wird das Furnierbild bestimmt (Bild 2.1). Die Furnierdicken liegen – je nach Herstellungsverfahren – zwischen 0,3 mm und 10 mm. Mikrofurniere von 0,10 mm und 0,15 mm Dicke benötigen ein geeignetes Trägermaterial. Für die Anwendung im Möbelbau werden nach den Trennverfahren bei der Furniererzeugung folgende Furniere unterschieden:

       Messerfurnier

Messerfurniere werden dadurch erzeugt, dass ein Furnierblatt durch die horizontale oder vertikale Bewegung eines Furnierblocks von diesem abgetrennt wird [WAG 2008]. Nach der Art der Messerführung (parallel oder senkrecht zur Faserrichtung) werden in Längs- und Quermessern unterschieden. Die unterschiedlichen Schnitttechniken zeigt Bild 2.2, wobei beim Flachmessern ein zunehmend streifiges Furnierbild, beim Echt-Quartier-Messern ein streifiges Furnierbild, beim Faux-Quartier-Messern ein halbblumiges, bei Annäherung an die Stammmitte ein gestreiftes Furnierbild und beim Flach-Quartier-Messern eine blumige Textur entsteht.

Bild 2.2 Schnitttechniken bei der Herstellung von Messerfurnieren (links, von oben nach unten: Flachmessern, Echt-Quartier-Messern, Faux-Quartier-Messern, Flach-Quartier-Messern) und Schnitttechniken für die Herstellung von Schälfurnieren (rechts, von oben nach unten: Rundschälen, Stay-Log-Schälen, Riftschälen, Aus-dem-Herz-Schälen) nach Danzer Group zitiert in [WAG 2011]

       Schälfurnier

Die Herstellung von Schälfurnieren erfolgt durch das Trennen des Furnierblatts von einem sich drehenden Furnierblock. Je nach Art der Vorbereitung des Furnierblocks (runder, halbierter, geviertelter oder gedrittelter Stamm) und der Art der Einspannung auf dem Drehbalken (Mittelachse bei runden Stämmen, Kernseite am Drehbalken usw.) entstehen unterschiedliche Furnierbilder (Bild 2.1).

Beim Rundschälen entstehen unregelmäßig gefladerte bzw. spezielle (z. B. Vogelaugenahorn) Furnierbilder, während beim Stay-Log-Schälen an den Seiten streifige und in der Mitte blumige Furnierbilder entstehen. Blumige Texturen weisen auch die mit dem Ausdem-Herz-Schälenverfahren hergestellten Furniere auf, während nach dem Riftverfahren produzierte Furniere eine streifige Textur zeigen [WAG 2011]. Schälfurnier als Oberflächenmaterial ist mit Ausnahme von Maserfurnieren in größeren Mengen nur bei Birke zu finden.

       Sägefurnier

Die Herstellung von Sägefurnier in Dicken von 1,2 bis 2,5 mm kann durch Furniergattersägen und Furnierkreissägen durchgeführt werden. Nach heutigem Stand der Technik wird diese Herstellungsart immer weniger eingesetzt. Dies liegt vor allem am hohen Materialverlust durch den Sägeschnitt. Zum anderen ist es mittels Messermaschinen mittlerweile möglich, Starkschnittfurnier herzustellen. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber Messer- und Schälfurnier liegt darin, dass eine Vorbehandlung des Stammes durch Kochen/ Dämpfen entfällt, wodurch die ursprüngliche Farbe des Vollholzes erhalten bleibt.

Die optischen Eigenschaften der Furniere können durch verschiedene Verfahren verändert werden. Dazu zählen im Wesentlichen:

       das Beizen und Färben (siehe Abschnitt 2.2.2.6)

       eine thermische Modifikation oder das Räuchern mit Ammoniak (diese Verfahren führen zu dunkleren Farbtönen gegenüber dem Ursprungszustand)

       das Bedrucken von Furnieren (siehe Abschnitt 3.5.2)

Industriefurniere (sog. Fineline oder MultilaminarWood) ahmen andere Holzarten nach bzw. können völlige neu Optiken in unterschiedlicher Textur (Streifen oder Blume) entstehen lassen. Zu diesem Zweck werden Furniere unterschiedlicher Holzarten oder eingefärbte Furnierblätter zu Furnierblöcken verleimt und im Anschluss gemessert. Für die Herstellung werden vor allem Pappel und Ayous als Rundholz eingesetzt, die in der Regel in einem ersten Prozessschritt zu Schälfurnier verarbeitet werden. Das Erscheinungsbild wird durch das Einfärben der unterschiedlichen Lagen und die entsprechende Wiederverklebung beeinflusst.

Verarbeitungseigenschaften

Durch den Herstellungsprozess entstehen auf der dem Messer zugewandten Furnierseite kleine parallel zur Faser verlaufende Risse. Diese Seite wird als offene Seite des Furniers, die andere, rissfreie Furnierseite als geschlossene Seite bezeichnet. Die Risse entstehen dadurch, dass unmittelbar nach dem Schnittvorgang das Furnier stark gebogen werden muss, um einen längeren Schnitt für größere Formate zu gewährleisten. Das Prinzip ist in Bild 2.3 dargestellt. Diese Risse stellen nicht nur eine Minderung der Festigkeit der Furnierblätter dar. Sie haben auch wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis einer Beschichtung mit Lack bzw. die Verklebung und den optischen Oberflächeneindruck.

Bild 2.3 Prinzip der Rissbildung bei der Herstellung von Messer- bzw. Schälfurnier nach [ZIM 2006]

Die Einteilung der Qualität der Furniere ist nicht einheitlich und unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Herstellern. Die Anforderungen sind demzufolge durch den Verarbeiter zu definieren. Wesentliche Merkmale sind (vgl. [WAG 2011] bzw. div. Gütebestimmungen3):

       die Gleichmäßigkeit von Farbe und Holzstruktur bzw. zulässige Abweichungen davon

       das Vorhandensein von Ästen, gesunden Verwachsungen oder Rissen

Weiterhin können Furniere durch ihre räumliche Anordnung im Bauteil zu dessen Fehlerfreiheit beitragen. Eine...

 

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