Joomla! 3 - Professionelle Webentwicklung. Aktuell zu Version 3.7

David Jardin, Elisa Foltyn

Joomla! 3

Professionelle Webentwicklung. Aktuell zu Version 3.7

2017

636 Seiten

Format: PDF, ePUB, Online Lesen

E-Book: €  34,99

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ISBN: 9783446440883

 

2 Über Joomla!
2.1 Content-Management-Systeme

Am Anfang dieses Buchs sollten wir uns zunächst einmal mit folgender Frage beschäftigen: Was ist eigentlich ein Content-Management-System (kurz CMS)? Die deutsche Übersetzung „Inhaltsverwaltungssystem“ hilft uns ein wenig weiter: Ein CMS ist eine Software zur Erstellung, Bearbeitung und Verwaltung von Informationen, die aus simplen Texten, aber auch aus komplexen Multimediaelementen (Bilder, Videos, Dokumente etc.) bestehen können. Dabei ist wichtig, dass die entsprechenden Inhalte im Regelfall ohne Programmierkenntnisse eingepflegt werden können.

Obwohl auch sog. Document-Management-Systeme (z. B. Alfresco) oder Offline-CMS wie Jekyll im weitesten Sinne zu den Content-Management-Systemen gehören, bezieht sich der Begriff des CMS i. d. R. auf Web-Content-Management-Systeme, die ausschließlich als Webanwendungen arbeiten, also über den Webbrowser administriert werden.

Diese WCMS erlauben es mehreren Benutzern, gemeinschaftlich an den hinterlegten Informationen zu arbeiten, und sind medienneutral in ihrer Ausgabe. Medienneutral bedeutet dabei, dass die hinterlegten Informationen unabhängig vom Ausgabeformat (HTML, PDF, XLS) bzw. der Gestaltung der Ausgabe (einfaches Wechseln von Designs) hinterlegt sind und so aus einem „Inhaltspool“ verschiedene Arten von Dokumenten erzeugt werden können. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die Inhalte erst beim Aufruf durch den Nutzer dynamisch in ihr finales Ausgabeformat gebracht werden. Das unterscheidet Web-CMS vom klassischen Vorgehen mit HTML-Editor und FTP-Programm, bei dem die einzelnen Inhalte statisch, also schon in ihrer endgültigen Form, auf dem Server hinterlegt sind.

Zu den bekanntesten Open-Source-CMS gehören das Blogsystem Wordpress, die Enterprise-Systeme Drupal und Typo3 sowie Joomla!.

2.2 Geschichte

Die Wurzeln von Joomla! liegen im CMS Mambo, das seit der Jahrtausendwende vom australischen Unternehmen Miro entwickelt und im Jahr 2002 als Open-Source-Software veröffentlicht wurde. Mambo entwickelte sich schnell zu einem sehr beliebten System und wurde so z. B. im Jahr 2004 von der Zeitschrift Linux User and Developer als „Best Linux or Open Source Software“ ausgezeichnet. Im August 2005 entschied sich Miro dazu, die Mambo Foundation, einen gemeinnützigen Verein, zu gründen, um das Mambo-Projekt von Miro zu lösen und so zu gewährleisten, dass die Weiterentwicklung unabhängig vom Schicksal der Firma erfolgen kann.

Einige Tage später kam es jedoch zum Bruch zwischen dem aus Freiwilligen bestehenden Entwicklerteam und Miro, woraufhin das gesamte Entwicklerteam das Mambo-Projekt verließ, um sich unter dem Namen „Open Source Matters“ neu zu gruppieren. Als Grund für diesen Schritt gab das Entwicklerteam an, dass die Mambo Foundation ohne Beteiligung der Community gegründet worden sei und Miro weiterhin eine starke Kontrollfunktion ausübe, die mit einem Open-Source-Projekt nicht vereinbar wäre – so ließ sich z. B. der Geschäftsführer von Miro zum Vorsitzenden der Foundation wählen.

Das Entwicklerteam entschloss sich daraufhin, einen eigenen Ableger von Mambo auf den Markt zu bringen, der im September 2005 unter dem Namen Joomla! in der Version 1.0 erschien. Joomla! leitet sich vom Suaheli-Wort „Jumla“ ab, das in der Übersetzung „Alle zusammen“ bedeutet. Joomla! 1.0 war zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen nur eine leicht fehlerbereinigte Version von Mambo 4.5.2.3, zog jedoch aufgrund des Wechsels des gesamten Entwicklerteams große Teile der Mambo-Community mit sich.

Nach der Veröffentlichung von Joomla! 1.0 und der Stabilisierung des Projekts entschloss sich das Entwicklerteam, den alten Code, der teilweise noch aus dem Jahr 2000 stammte, über Bord zu werfen und eine von Grund auf neu geschriebene Joomla!-Version 1.5 zu erstellen, die im Januar 2008 erschien und dem Projekt nochmals einen enormen Aufwind gab. In den aktuellen Versionen findet sich dadurch kein Code des Vorgängers Mambo mehr.

2.3 Organisation

Das Joomla!-Projekt ist in den letzten Jahren massiv gewachsen und musste dabei seine Strukturen mehrfach an die veränderten Anforderungen anpassen. Die aktuelle Organisationsstruktur befindet sich zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buchs in einem Übergangsprozess, ist also noch nicht vollständig umgesetzt worden.

Die Grundstruktur des Projekts entspricht auf den ersten Blick der eines klassischen Unternehmens (siehe Bild 2.1).

Bild 2.1 Neue Organisationstruktur des Joomla!-Projekts

Basis des Projekts ist die juristische Person hinter Joomla!, nämlich die bereits erwähnte not-for-profit-Organisation „OpenSourceMatters Inc“ mit Sitz in New York.

OpenSourceMatters hat einen Vorstand, bestehend aus den Sonderrollen „Präsident/in“, „Vize-Präsident/in“, „Generalsekretär/in“ und „Schatzmeister/in“ sowie den Abteilungsleiter/innen der sieben Abteilungen, im Projektjargon als „Department Coordinator“ bezeichnet.

Derzeit sind die folgenden Abteilungen im Projekt vorgesehen:

  • Production: zuständig für die technische Entwicklung des eigenen Kernprodukts „Joomla! CMS“.

  • Legal: verteidigt die rechtlichen Interessen des Gesamtprojekts, insbesondere in Bezug auf die Marke „Joomla!“.

  • Marketing & Communication: koordiniert die interne und externe Kommunikation des Projekts und versucht die Verbreitung von Joomla! zu erhöhen.

  • Events: zuständig für alle Fragen rund um Veranstaltungen und Meetups.

  • Operations: kümmert sich um den Betrieb der Infrastruktur, den das Projekt benötigt, wie zum Beispiel die Website joomla.org.

  • Programs: betreut die verschiedenen Programme und Initiativen, an denen Joomla! beteiligt ist. Hierzu gehört zum Beispiel das „Google Summer of Code“-Programm oder das geplante Zertifizierungs-Programm für Joomla!-Administratoren und Dienstleister.

  • Local Communities: repräsentiert die lokalen Communities wie Usergroups oder nationale Vereine.

Jedes Department kann wiederum aus beliebig vielen Teams bestehen, die für jeweils einen bestimmten Aspekt zuständig sind. Im Department „Production“ könnte es hier z. B. ein Team für die Übersetzung von Joomla! in andere Sprachen geben, ein Team für die Entwicklung von Joomla! 4.x sowie ein Team für die Dokumentation. Die Anzahl der Teams unterliegt dabei keiner Begrenzung, sondern kann frei gewählt werden.

Auf der Ebene der Teams angekommen besteht jedes Team aus den Positionen „Teamleiter/in“ und „stellv. Teamleiter/in“ sowie einer beliebigen Anzahl von Teammitgliedern. Die Aufnahme in ein Team erfolgt über ein Bewerbungsverfahren, das die Teams individuell gestalten können. Ein Team wiederum wählt dann den Teamleiter sowie seinen Stellvertreter, die Teamleiter eines Departments wählen den Department Coordinator und alle Department Coordinators wählen die passenden Personen für die vier genannten Sonderposten auf Vorstandsebene.

Die Projektstruktur verfügt somit über einige bemerkenswerte Merkmale:

Absolut alle Mitarbeiter im Projekt, ganz egal auf welcher Ebene, arbeiten unbezahlt und ehrenamtlich.

Es gibt nicht „die Firma“ hinter dem Projekt, die die Entwicklung steuert, sondern die Richtungsfindung und Entwicklung erfolgt im Rahmen von demokratischen Prozessen.

Es gibt klare Prozesse für Abstimmungen, Teamgründungen und -auflösungen sowie die Aufnahme neuer Mitarbeiter.

An dieser Stelle sollte jedoch nicht verschwiegen werden, dass die neue Struktur in der Community nicht unumstritten ist. Die Abstimmung über den Wechsel zum neuen Aufbau ging denkbar knapp aus und der derzeit stattfindende Wechsel von der alten auf die neue Struktur ist massiv hinter dem aufgestellten Zeitplan. Kritiker äußern dabei vor allem die folgenden Kritikpunkte:

Die neue Struktur ist zu bürokratisch. Langatmige Prozesse verlangsamen die Entscheidungsfindung und nehmen allen Beteiligten die nötige Flexibilität.

In der neuen Struktur konzentriert sich zu viel „Macht“ auf einige wenige Menschen, nämlich den Vorstand von OpenSourceMatters. Ein System der gegenseitigen Prüfung von mehreren gleichberechtigten Instanzen, wie es in der alten Struktur der Fall war, fehlt.

Der Wechsel zur neuen Struktur würde das Projekt über Monate beschäftigen und lähmen.

Zum jetzigen Zeitpunkt (Februar 2017) ist noch nicht...

 

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