Konstruieren mit Kunststoffen

Gunter Erhard

Konstruieren mit Kunststoffen

2008

551 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

E-Book: €  109,99

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ISBN: 9783446417502

 

11 Zahnräder (S. 421-422)
Zahnräder übertragen schlupffrei Bewegungen und Kräfte bzw. Momente. Im Bereich der Feinwerktechnik ist die Übertragung von Bewegungen häufig die wichtigere Aufgabe von Zahntrieben. Dementsprechend kommen auch Sonderverzahnungen, die besonders spielfrei, reibungsarm oder laufruhig arbeiten müssen, zur Anwendung [11.1 bis 11.4]. Der Modul solcher Zahnräder liegt meist unter 1 mm, und die Probleme liegen dann in erster Linie beim Formenbau und bei der maßgenauen Herstellung. Dieser Problemkreis wird hier weitgehend ausgeklammert. Das derzeit wohl kleinste, konventionell hergestellte Zahnrad aus Polymerwerkstoff (POM) dient zum Antrieb eines Mittelsekundenzeigers einer Armbanduhr [4.18]. Es wiegt 0,00056 g, hat 8 Zähne und einen Kopfkreisdurchmesser von 1,32 bis 0,01 mm. Das Formnest wurde durch Senkerodieren, und die Elektroden mit Scheibenfräsern hergestellt [11.35].

Dagegen steht bei Zahnrädern im Maschinenbau (m >, 1 mm) im Allgemeinen die Frage der Kraftübertragung im Vordergrund. Das größte nach der anionischen Polymerisation aus PA 6-Guss einteilig hergestellte Zahnrad mit einer Zähnezahl z = 76, einem Modul von m = 33 mm misst 2 508 mm im Teilkreis.

Zahnradwerkstoffe
Von den Thermoplasten haben nur solche mit teilkristallinem Gefüge praktische Bedeutung als Zahnradwerkstoffe:

- Polyamide (PA),

- Polyamide, teilaromatisch (PPA),

- Polyoximethylen (POM),

- Polybutylenterephthalat (PBT),

- Hochmolekulares Polyethylen hoher Dichte (PE-HD),

- Polyaryletherketon (PEEK),

- Polyphenylensulfid (PPS),

- Polyurethane (PUR) (thermoplastisch und elastomer).

Die Verstärkung von PA, POM, PBT, PEEK und andere teilkristalline Thermoplaste durch Kurzglas- Aramid- oder Kohlenstoff-Fasern steigert Festigkeit und Elastizitätsmodul dieser Matrixwerkstoffe, Zahnräder aus verstärkten Thermoplasten sind deswegen statisch höher belastbar. Aber auch im dynamischen Betrieb werden höhere Lebensdauern erreicht, insbesondere wenn geschmiert werden kann, oder Matrixwerkstoffe mit reibungsmindernden Zusätzen – das sind im Allgemeinen grob verteilte Partikel aus PE-HD oder PTFE oder feinverteilte niedrigmolekulare Schmierstoffe – verwendet werden. Auch für schnelllaufende Zahnräder oder überwiegend gleitbeanspruchte Zahnradarten (Schrauben-, Schneckenräder) sind sie besser geeignet.

Zahnräder aus Duromeren werden ausschließlich spanend aus Halbzeugen aus Schichtstoffen hergestellt. Infrage kommen vorwiegend: Hartgewebe, phenolharzgebundene Baumwollgewebelagen, Pressschichtstoffe, phenolharzgebundene Vulkanfiber- oder Buchenholzlagen.

Paarungswerkstoffe
Die höchste Tragfähigkeit und Lebensdauer wird bei Paarung mit Stahlzahnrädern, deren Flanken gehärtet sind, erreicht. Da das treibende Ritzel stets einer höheren Verschleißbeanspruchung ausgesetzt ist, wird Stahl als Ritzelwerkstoff gewählt. Bei Paarung Polymerwerkstoff/ Polymerwerkstoff wird für das Ritzel der verschleißfestere Werkstoff verwendet, vgl. Abschnitt 4.7.2.

Schmierung
Grundsätzlich ist ein schmierungsfreier Betrieb von Polymerwerkstoffzahnrädern möglich, durch Schmieren mit Öl kann jedoch die Tragfähigkeit und Lebensdauer erheblich erhöht werden, da eine Ölschmierung außer verringerter Reibung und reduziertem Verschleiß auch eine bessere Wärmeabfuhr bewirkt. Die Zahnradwerkstoffe sind mit Schmierölen auf Mineralölbasis gut verträglich. Auch gegen Fette dieser Art bestehen keine Bedenken. Die Tabelle 11.1 enthält Richtwerte für obere Grenzwerte der Öltemperatur.

In feinwerktechnischen Getrieben, wo mit geringsten Ölmengen eine möglichst langzeitige Schmierwirkung erzielt werden soll, werden auch Beeinflussungen des Polymerwerkstoffs auf das Schmiermittel beobachtet. Die Befunde von entsprechenden Beständigkeitsuntersuchungen sind vorzeitiges Verharzen, Gelieren, Änderung des Stabilisatoren-Inhibitoren-Gleichgewichts mancher Öle.

 

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