Computergrafik und OpenGL

Dieter Orlamünder, Wilfried Mascolus

Computergrafik und OpenGL

2004

319 Seiten

Format: PDF, Online Lesen

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ISBN: 9783446400726

 

2 Grafische Bibliothek OpenGL (S. 12-13)

2.1 Konzepte und Entwurfsziele

OpenGL (Open Graphics Library) ist eine Softwareschnittstelle (Interface) zu grafikfähiger Hardware. Die Entwicklung von OpenGL wird durch ein Architecture Review Board (ARB) gesteuert und berwacht. Diesem Gremium gehüren die bedeutenden Hard- und Softwarehersteller Silicon Graphics, IBM, Hewlett Packard, SUN und Microsoft sowie weitere an. Standardliteratur zu OpenGL sind [KemFra00] und [WoNeDa00]. Zweck von OpenGL ist die Unterstützung der Darstellung von zwei- und dreidimensionalen grafischen Objekten mittels eines oder mehrerer Bildspeicher und anwendungsspezifisch weiterer spezieller Speicher.

Die grafischen Objekte werden entweder durch Raumpunkte (Vertices) beschrieben oder sie bestehen aus digitalisierten Bildern (Images, Bitmaps, Pixelmaps) in Form rechteckiger Pixelfelder. Das Interface enthält zu diesem Zweck einen umfangreichen Satz Prozeduren, Funktionen und Statusinformationen. Neben der Standardbibliothek OpenGL mit den wgl-Routinen gibt es die den Funktionsumfang bzw. den Nutzungskomfort erweiternden Bibliotheken GLU (Graphics Library Utility) und GLUT (Graphics Library Utility Tools). OpenGL basiert auf den anschließend näher beschriebenen Konzepten

• Sprachunabhangigkeit,
• Hardwareorientierung,
• einbettendes Windows-System,
• Client-Server-Architektur und Netzwerkfähigkeit,
• Zustandsautomat.

Sprachunabhängigkeit heißt, OpenGL definiert seine grafische Funktionalität unabhängig von einer existierenden Programmiersprache. Das erfordert aber andererseits, dass für jede reale Sprache eine spezielle Einbindung erfolgen muss. So gibt es beispielsweise für Object Pascal oder Visual C++ zu diesem Zweck die speziellen Bibliotheken opengl32.dll und opengl32.lib. Hardwareorientierung ist im Wesentlichen einerseits dadurch charakterisiert, dass OpenGL hohe Anforderung bezüglich verschiedener Buffer (Speicherblöcke) stellt.

Im Grenzfall sind das bis zu vier Frame Buffer (Bildspeicher) für die Bilddarstellung, der Depth Buffer (Tiefenspeicher) für Sichtbarkeitsentscheidungen, der Stencil Buffer (Maskenspeicher) für die Maskierung von Speicherbereichen, der Accumulation Buffer (Akkumulationsspeicher)", 4> für den akkumulativen Bildaufbau und zusätzlicher Auxiliary Buffer (Hilfsspeicher) für Spezialaufgaben. Als Mindestanforderung mssen für jede OpenGL-Implementierung ein Bildspeicher sowie der Depth, Stencil und Accumulation Buffer im Echtfarbmodus vorhanden sein. Ein Großteil dieser Anforderungen wird heute durch Grafikkarten unterstützt bzw. übernommen. Zur Hardwareorientierung zählen andererseits auch die vielen so genannten Fragmentoperationen. Fragmente sind Pixeldaten, bestehend aus deren Adresse, Farbe, Tiefe und den zugeordneten Texturkoordinaten.

Diese durchlaufen im Modell des OpenGL-Automaten verschiedene Stationen, an denen statusgesteuert bestimmte einfache Operationen durchgeführt werden. Diese Abfolge von Tests und Berechnungen kann gut und effizient in Hardware umgesetzt werden. Einbettendes Windows-System ist das Synonym dafür, dass im Gegensatz zu anderen grafischen Schnittstellen für OpenGL der Ansatz verfolgt wird, unabhängig vom Betriebssystem bzw. einer umgebenden grafischen Benutzeroberfläche zu bleiben. Dies führt dazu, dass für jedes umgebende System zumindest eine Minimalanpassung in Form einer gesonderten Bibliothek notwendig ist. Beispielsweise wird für die Benutzung unter Windows die Bibliothek WGL (Windows Graphics Library) benötigt, die jedoch inzwischen integraler Bestandteil von OpenGL ist.

Durch diese Entscheidung gewinnt OpenGL an Portabilität. Allerdings muss ein solches umgebendes System existieren, um bestimmte Aufgaben, wie beispielsweise Eingaben mit der Maus oder Tastatur, zu bernehmen. Das Fenstersystem von Windows verbindet seinen Gerätekontext (Device Context, DC) mit dem für OpenGL erforderlichen so genannten Darstellungs- oder Renderkontext (Rendering Context, RC).

Das hat folgende Konsequenzen:

• Das Fenstersystem erzeugt die korrekte Verbindung seines Gerätekontexts DC mit dem Renderkontext RC von OpenGL (Server) und seiner Anwendung (Client).

• Das Fenstersystem stellt die benötigten Buffer, also mindestens einen Bildspeicher, den Depth Buffer, den Stencil Buffer und den Accumulation Buffer, bereit und organisiert die Darstellung des Inhaltes der Bildspeicher auf dem Bildschirm.

• Das Fenstersystem bernimmt die Verarbeitung von Eingaben, da OpenGL dafr keine Möglichkeit besitzt.

Client-Server-Architektur und Netzwerkfähigkeit charakterisiert ein Konzept, welches darauf basiert, dass die Anwendung, der Kunde (Client), seine Befehle an OpenGL, den Bediener (Server), sendet, der diese Befehle interpretiert und ausführt. Dabei müssen Client und Server nicht auf einem Rechner arbeiten, sondern können ber ein Netzwerk miteinander kommunizieren. Die Verbindung zwischen der Anwendung und OpenGL wird dabei durch das Fenstersystem organisiert.

Außerdem kann ein OpenGL-Server durchaus mehrere Kunden bedienen. Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieses Konzeptes ist aber auch, dass Befehle exakt in der Reihenfolge ihres Aufrufes abgearbeitet werden, selbst wenn es Verzögerungen in deren Ausführung geben kann. Das bedeutet insbesondere, dass Statusabfragen konsistent den tatsächlichen Status von OpenGL nach Ausführung aller zeitlich vorher liegenden Befehle zurückgeben und dass grafische Primitive vollständig dargestellt werden, bevor weitere Aufrufe ausgeführt werden. Ein Zustandsautomat ist ein Modell der Informationsverarbeitung, das auf einem internen Zustand des Systems basiert.

Er interpretiert Eingaben, verändert dann den internen Zustand entsprechend und erzeugt Ausgaben. Auf OpenGL bezogen bedeutet das, Eingaben werden abhängig vom aktuellen Zustand in den Bildspeicher geschrieben und damit ausgegeben. Der interne Zustand des OpenGL-Automaten wird auch als Status bezeichnet und bestimmt den Modus der Darstellung.

Er kann durch weitere Befehle ohne direkte Auswirkung auf die Ausgabe verändert werden. Der OpenGL-Zustand besteht aus einer Vielzahl von Variablen in speziellen Funktionsgruppen. Er enthält unter anderem implementationsabhängige Größen, wie die Tiefe des Bildspeichers in Bit, aktuelle Attributwerte, wie die voreingestellte Farbe, sowie Angaben zum Darstellungsmodus, die beispielsweise Transformationen, Beleuchtung oder das Antialiasing steuern.

 

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