Instandhaltungslogistik - Qualität und Produktivität steigern

Kurt Matyas

Instandhaltungslogistik

Qualität und Produktivität steigern

2016

334 Seiten

Format: PDF, ePUB

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ISBN: 9783446446168

 

1 Logistik
1.1 Begriffsabgrenzung, Geschichte

Im Gegensatz zur mathematischen Logistik, deren Begriff sich aus dem griechischen Wort „Logistika“ herleitet, was so viel wie „praktische Rechenkunst“ bedeutet, kommt der Begriff der betrieblichen Logistik vom französischen Verb „loger“ ? was so viel wie hineinbringen, unterbringen, unterstützen, versorgen, bzw. bereitstellen bedeutet.

Der Begriff Logistik stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich wo er im 19. Jh. erstmals verwendet wurde. Damals beinhaltete Logistik die systematische Versorgung der Armee. Auch für einen modernen Produktionsbetrieb ist die Versorgung mit Material von entscheidender Bedeutung für den Erfolg.

Der Begriff „Business Logistics“ wurde in den 50er Jahren in den USA geprägt und bezeichnete damals die „Transport-, Lager- und Umschlagstätigkeiten im Realgüterbereich“. Der Begriff wird seit ca. 1970 auch im deutschsprachigen Raum verwendet und hat seither eine große Verbreitung sowie schnell wachsende Bedeutung gefunden. Heute umfasst die Logistik nicht nur die klassischen Transport-, Umschlags- und Lageraufgaben, sondern sie beinhaltet auch eine entsprechende Ausrichtung des gesamten Unternehmens.

Bild 1.1 Schwerpunkte der europäischen Logistikentwicklung [53]

In den Anfängen ist die Logistik unter geringer Beachtung als zwangsläufig notwendiges Mittel zum Zweck des Warenverkaufs angesehen worden. Der im Laufe der Zeit steigende Rationalisierungsdruck hat in den 80er Jahren ein hohes Optimierungspotential im Logistikbereich zum Vorschein gebracht, wobei dieses häufig relativ leicht umzusetzen gewesen ist, wie beispielsweise eine Bestandssenkung. Der steigende Wettbewerb am Markt sowie steigende Kundenanforderungen haben die Suche nach Differenzierungsmöglichkeiten von den Konkurrenten mit sich gebracht. So ist es in den 90er Jahren unter anderem zur Entwicklung von innovativen Logistiksystemen gekommen [28] [53].

1.2 Logistik, heute

In der heutigen Zeit wird die wirtschaftliche Entwicklung zunehmend rascher und unvorhersehbarer. Das erfordert immer schnellere Reaktionen auf geänderte Marktanforderungen in immer kürzeren Zeitabständen. Außerdem werden die internationale Konkurrenz und die internationale Zusammenarbeit immer intensiver. Der Markt wird von den Käufern dominiert, d. h. diese haben immer mehr Sonderwünsche, fragen in immer kürzeren Intervallen nach neuen Produkten, wollen eine rasche Belieferung und stellen immer höhere Qualitätsansprüche. Weiters verschärft sich auch die Preissituation ständig, woraus der Kostendruck auf fast alle Unternehmensbereiche ansteigt.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, erfordert das von den Unternehmen eine große Flexibilität, starke Reaktionsbereitschaft, ständige Innovationsbereitschaft sowie eine sehr gute Organisation [27][28]. Es erfolgt eine Ausrichtung des Unternehmens nach dem Flussprinzip. Das gilt einerseits für die Materialien und Waren, wobei deren Weg durch das Unternehmen so gestaltet sein muss, dass er möglichst wirtschaftlich erfolgt, wie beispielsweise ohne unnötigen Wartezeiten sowie einer optimalen Anordnung der einzelnen Stationen.

Andererseits erfolgt auch beim Führungssystem ein Übergang von einem Denken in Funktionen zu einem Denken in Prozessen, um bei den Waren- und Materialflüssen einen reibungsloseren Ablauf zu gewährleisten, weil beispielsweise Abstimmungsprobleme an den Abteilungsgrenzen entfallen bzw. reduziert werden sollen. Aufgrund dieser Ziele wird die Logistik als Querschnittsfunktion und somit prozessbegleitend in das Unternehmen eingegliedert. Dies wirkt sich auch auf verbesserte Reaktionsmöglichkeiten aus [27].

Bild 1.2 Wertschöpfungskette [58]

Bild 1.2 zeigt die prinzipiellen Verläufe des Material- und Informationsflusses durch einen Produktionsbetrieb. Als Wertschöpfungsprozess oder Wertschöpfungskette wird die betriebliche Leistungserstellung mit allen Funktionen vom Einkauf über die Entwicklung, Arbeitsvorbereitung und Produktion bis zum Verkauf verstanden.

In einem integrierten und kontrollierten Fluss-System sollen die Transport-, Handhabungs-, Produktions-, Montage-, Prüf-, Lagerungs- und Umschlagsvorgänge aller Materialien und Waren vom ersten Lieferanten durch den Betrieb und zwischen den Betrieben bis zum letzten Kunden gesteuert und koordiniert werden.

Vom Begriff her ist damit die seinerzeitige Bezeichnung „Materialfluss“ (VDI 3300: „… Verkettung aller Vorgänge beim Gewinnen, Be- und Verarbeiten sowie bei der Verteilung von stofflichen Gütern innerhalb festgelegter Bereiche.“) um seine Steuerung ? den so genannten „Informationsfluss“ ? erweitert worden.

Zusammenfassend kann der Begriff Logistik wie folgt definiert werden:

LOGISTIK

ist die Gestaltung des Material- und Informationsflusses aus ganzheitlicher Sicht in Richtung eines wirtschaftlichen Optimums.

1.3 Funktionsbereiche der Logistik

Logistik sollte nicht nur als interne Dienstleistungs- oder Servicefunktion verstanden werden, sondern als eine Grundfunktion der Unternehmensorganisation mit Regelaufgaben:

  • Logistik ist ein Instrumentarium zur Gewährleistung, Steuerung und Kontrolle der vom Markt geforderten Flexibilität der Unternehmensproduktivität.

  • Logistik umfasst die optimale Planung, Steuerung und Kontrolle aller Lager- und Transportvorgänge und beinhaltet damit die optimale Gestaltung aller Wertflüsse (Material-, Information-, Energie-, Hilfsmittelflüsse) zum, im und vom Unternehmen.

Die Logistik wird im Wesentlichen in die Funktions-/Aufgabenbereiche

  • Beschaffungslogistik

  • Produktionslogistik

  • Distributionslogistik

  • Entsorgungslogistik und

  • Transportlogistik

untergliedert.

Unterstützend sind die Lagerlogistik und die Materialwirtschaft weitere wesentliche Funktionen in der Logistik (Bild 1.3).

Bild 1.3 Funktionsbereiche der Logistik [82]

Die Beschaffungslogistik umfasst die komplexe Planung, Steuerung und physische Behandlung des Material- und Kaufteilflusses von den Lieferanten bis zur Bereitstellung für die Produktion einschließlich der dazu erforderlichen Informationsflüsse mit dem Ziel der Beschleunigung der Flüsse und der Minimierung der Aufwendungen für den gesamten Beschaffungsprozess.

Die Produktionslogistik umfasst die komplexe Planung und Steuerung der Produktions-1, innerbetrieblichen Transport-, Umschlags- und Zwischenlagerungsprozesse einschließlich der dazu erforderlichen Informationsprozesse mit dem Ziel der Beschleunigung der Flüsse und der Minimierung der Aufwendungen für den Produktionsprozess.

Die Distributionslogistik umfasst die komplexe Planung, Steuerung und physische Behandlung des Fertigwaren-/Erzeugnisflusses von der Warenübernahme aus der Produktion bis hin zum Abnehmer einschließlich der dazu erforderlichen Informationsflüsse mit dem Ziel der Beschleunigung der Flüsse und Minimierung der Aufwendungen für den gesamten Absatzprozess.

Die Entsorgungslogistik umfasst die komplexe Planung, Steuerung und physische Behandlung des Flusses der Produktionsabfälle und Altprodukte vom Ort des Aufkommens bis hin zur umweltgerechten Deponie und zum Recycling einschließlich der dazu erforderlichen Informationsflüsse mit dem Ziel der Beschleunigung der Flüsse und Minimierung der Aufwendungen für den gesamten Entsorgungsprozess.

Die Transportlogistik umfasst die komplexe Planung, Steuerung und Durchführung der Material-, Teile-, Erzeugnis-, Ver- und Entsorgungstransporte einschließlich der dazu erforderlichen Informationsflüsse unter Einbeziehung aller Verkehrsträger mit dem Ziel der Minimierung des Aufwandes für die Gesamtheit der Transportprozesse und der Beschleunigung der materiellen Flüsse.

Die Lagerlogistik umfasst die komplexe Planung, Steuerung und das Handling von Gütern in einem Lager einschließlich der erforderlichen Informationsflüsse mit dem Ziel der optimierten Gestaltung der Gesamtheit und des Zusammenwirkens der Lager-, Kommissionier-, und Transportsysteme.

Die Materialwirtschaft umfasst die komplexe Planung und Steuerung der Ermittlung der Bedarfe und des Führens von Beständen einschließlich der erforderlichen Informationsflüsse mit dem Ziel die für die Leistungserstellung notwendigen Materialien in richtiger Qualität und Menge zum richtigen Zeitpunkt am rechten Ort zu geringsten Kosten bereitzustellen.

1.4 Logistik und Instandhaltung

Die Logistik kann als bereichsübergreifende Strategie zur Optimierung der Produkterstellung bezeichnet werden (Bild 1.4). Um die Ziele der Logistik zu erreichen, und zwar die richtigen Produkte und Informationen in den richtigen Mengen, im richtigen Zustand, zum richtigen Zeitpunkt auf möglichst wirtschaftliche Weise am richtigen Ort verfügbar zu machen, muss der Einsatz von Material, Information, Personal, Betriebsmittel und Energie geplant, gesteuert und kontrolliert werden.

Die in Bild 1.4 dargestellten Lagersysteme, Kommissioniersysteme, Bereitstellungssysteme, Informationssysteme, Planungs- und Steuerungssysteme sind Logistikelemente, die einzeln betrachtet und auch optimiert werden können. Allerdings reicht die...

 

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