3D-Druck für alle - Der Do-it-yourself-Guide

Florian Horsch

3D-Druck für alle

Der Do-it-yourself-Guide

2014

356 Seiten

Format: PDF, ePUB, Online Lesen

E-Book: €  29,99

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ISBN: 9783446442825

 

1 3D-Druck kompakt:
Ein Schnelleinstieg in die Technologie


In diesem Kapitel starten wir unsere Reise in die faszinierende Welt des 3D-Drucks. Um Sie fit für Ihre Maker-Karriere zu machen, werde ich Sie zunächst einmal mit den Basics der 3D-Druck-Technologie vertraut machen. Sie werden erfahren, wie die Technologie funktioniert, welche Einsatzmöglichkeiten sie jetzt schon bietet, und welche Chancen sie für die Zukunft bereithält. Sie werden Ihr erstes eigenes 3D-Modell modellieren, ein solides Verständnis für den schichtweisen Aufbau im 3D-Druck entwickeln und einen kurzen Überblick darüber erhalten, welchen Entwicklungsweg die Technologie in den letzten 30 Jahren bereits genommen hat. Abgerundet wird das Kapitel mit einigen Anwendungsbeispielen, die Sie hoffentlich dazu animieren werden, selbst Teil der 3D-Druck-Community zu werden. Sind Sie bereit? Dann kann es ja losgehen …

■ 1.1 Was ist eigentlich 3D-Druck?


Die Assoziationen mit dem Begriff 3D-Druck sind vielzählig. Wenn man das Thema zur Sprache bringt, begegnen einem die interessantesten Vorstellungen, was solch ein 3D-Drucker ist und kann. Hier sind einige meiner persönlichen Favoriten:

  • Ein Drucker, der »Wackelbilder« erstellt (Bild 1.1): Der korrekte Fachbegriff hierfür ist Lentikularbild bzw. -druck. Es handelt sich dabei um ein Bild, das mittels optischer Linsen oder Prismen einen dreidimensionalen Eindruck erzeugt. Die Technik wurde 1908 von Gabriel M. Lippmann ins Leben gerufen.1

Bild 1.1 Eines der beliebten »Wackelbilder« (Lentikularbilder): Welches Motiv sich hinter der hier gezeigten Karte verbirgt, erfahren Sie unter http://youtu.be/SdwHiSS0l_g [1huTuqS].

  • Ein Drucker, der Texte erhaben drucken kann, zum Beispiel auf hochwertigen Werbebroschüren oder Visitenkarten (Bild 1.2): Auch hierbei handelt es sich nicht um einen 3D-Drucker, sondern um das Prägedruckverfahren, welches in der farblosen Variante, der sogenannten Blindprägung, bereits zwischen dem 1. und 4. Jahrhundert Anwendung fand.2

Bild 1.2 Der Prägedruck fand oft auf Grußkarten Anwendung. Heute sind die Prägungen auch auf Visitenkarten populär (Foto © Uwe Mahler, Privatsammlung).

  • Ein Drucker, der dreidimensionale Objekte, wie zum Beispiel Tassen, mit Bildern bedrucken kann (Bild 1.3): Hier wäre der Begriff 3D-Druck an sich sehr passend, tatsächlich handelt es sich jedoch um das 1968 von Wilfried Philipp entwickelte Tampondruckverfahren, das großflächig zur Bedruckung gebogener Oberflächen eingesetzt wird.3

Bild 1.3 Eine bedruckte Tasse aus der NICHTLUSTIG-Kollektion4 (Tassendesign: © Joscha Sauer)

All diese Ideen sind logisch hergeleitet, doch um einen 3D-Drucker handelt es sich in keinem dieser Fälle. Wenn man nun mit ein wenig Epos in der Stimme darüber aufklärt, dass ein 3D-Drucker nicht etwa die Beschriftung einer Tasse, sondern die Tasse selbst druckt, blickt man in erstaunte und freudig begeisterte Gesichter.

Die häufigen Fehlinterpretationen zeigen, dass der Begriff 3D-Drucker alles andere als selbsterklärend zu sein scheint. Ein Begriff wie Objektersteller würde vermutlich leichter zu verstehen geben, um was es sich bei dieser Maschine handelt. Aber auch das würde der Verwunderung der Öffentlichkeit, dass es Maschinen gibt, mit denen man nahezu jeden Gegenstand auf Knopfdruck herstellen kann, keinen Abbruch tun. Außerdem suggeriert der Begriff Drucker genau die für den 3D-Druck relevanten Eigenschaften:

  • Erzeugung oder Vervielfältigung von Druckgütern
  • Nutzung eines Verbrauchsmaterials
  • Digitale Vorlage der Druckdaten

Hier werden schon die ersten Überschneidungen deutlich. Auch die Erschwinglichkeit und der Automatisierungsgrad von 2D-Druckern lassen deutliche Parallelen zum wachsenden Heimanwendermarkt von 3D-Druckern erkennen.

Bild 1.4 Luther ganz aus dem Häuschen: Einer der größten Profiteure des Buchdrucks fragt sich, was er alles mit einem 3D-Drucker anfangen könnte. (Male Models: der Erfurter Stadtführer Matthias Gose und Christian Fothe, Messe Erfurt, Foto: © Baui)

Auf einer eher philosophisch angehauchten Ebene finde ich den Vergleich zwischen konventionellen 2D-Druckverfahren und den, im Vergleich noch jungen, 3D-Druckverfahren noch sehr viel spannender. Es drängt sich die Frage auf, ob 3D-Drucker unsere Zivilisation und ihre kulturelle Entwicklung so entscheidend prägen werden, wie es ab Mitte des 15. Jahrhunderts der Buchdruck getan hat. Konkreter gefragt: Was passiert, wenn jeder Mensch über Herstellungskapazitäten verfügt und nicht mehr von großen Konsumgüterherstellern abhängig ist? Die viel beschworene dritte industrielle Revolution lässt grüßen! Mehr dazu erfahren Sie in Abschnitt 1.4.

Eine Frage der Dimension

Wir bleiben erst einmal bei den Basics und stellen uns die simple Frage:

»Wie schreibt man einen Brief?«

Die Antwort lautet:

»Man nehme Stift und Papier, schreibe seinen Text und fertig ist der Brief.«

Oder etwas moderner:

»Man startet sein bevorzugtes Textbearbeitungsprogramm, tippt seinen Text ein, klickt auf den Druck-Button und fertig ist der Brief.«

So weit kennt das jeder noch. Nun bewegen wir uns in die dritte Dimension und fragen uns:

»Wie stellt man eine Tasse her?«

Eine klassische Antwort würde lauten:

»Man startet den Drehtisch, formt einen Klumpen Ton und brennt das Ergebnis im Ofen. Fertig ist die Tasse!«

Eine Antwort unter Einbeziehung der 3D-Druck-Technik könnte lauten:

»Man startet seine Konstruktionssoftware und erstellt eine Tasse anhand von Formeln, rotationssymmetrischen Linien, primitiven Grundformen, Freiformen oder einer Kombination all dieser Techniken. Danach wird das neu erstellte 3D-Modell im STL-Format exportiert und in die Slicing-Software geladen. Dort bestimmt man Schichtstärken, Drucktemperaturen und Geschwindigkeiten sowie eine Vielzahl weiterer Parameter. Das 3D-Modell wird in der Software in dünne, zweidimensionale Schichten zerlegt und in Form von Maschinen-Codes gespeichert. Der erzeugte Code wird nun an den 3D-Drucker übertragen. Dort wird Schicht für Schicht Material (abhängig von dem verwendeten Verfahren) aufeinander aufgetragen, bis die Form der Tasse vollendet ist.«

Für Neueinsteiger mag die letzte Antwort etwas verwirrend klingen.5 Fachbegriffe sind absichtlich noch nicht weiter erläutert. Nachdem Sie nun möglicherweise verwirrter als zu Beginn sind, fangen wir am besten noch mal von vorne an – und zwar mit einer ersten Übung, über die wir uns dem Thema 3D-Druck auf ganz praktische Weise nähern.

Keine Angst!

Lassen Sie sich jetzt bloß nicht von der vorangegangenen Kurzdefinition der 3D-Druck-Technik abschrecken. Ziel der Definition war es, die Komplexität des Prozesses anzudeuten. Wie so oft lässt sich auch der 3D-Druck in einfache Teilschritte zerlegen …

■ 1.2 Vom 3D-Modell zum Schichtmodell


Bevor man überhaupt etwas drucken kann, braucht man zuallererst einmal ein digitales 3D-Modell. Der einfachste Weg ist es, vorgefertigte Daten zu verwenden, die Sie sich aus dem Internet herunterladen können. Doch dies läuft der Grundidee des 3D-Drucks, der völlig freien Umsetzung eigener Ideen, eigentlich zuwider. Viel schöner ist es, wenn man sich sein 3D-Modell selbst designen kann. Man sollte jedoch nicht verschweigen, dass einem das Bedienen von 3D-Software nicht unbedingt in den Schoß fällt. Allein zu diesem Thema wurden etliche Bücher verfasst, insofern dürfen Sie nicht erwarten, dass ich Ihnen im Rahmen dieses Buchs die ganze Welt der 3D-Modellierung bis hin zum letzten Mausklick erkläre. Stellen Sie sich also auf eine Vielzahl von ergänzenden Tutorials und Übungsstunden ein. Aber eines vorab: Jede Minute, die Sie in den Ausbau Ihrer 3D-Modellierungsfähigkeiten investieren, wird sich auszahlen!

Genug der Vorrede – fangen wir mit einer kurzen Übung an, um sicherzustellen, dass niemand über dem Buch einschläft.

1.2.1 Übung 1: Schnelleinstieg in die 3D-Modellierung


Übung 1: Unser erstes 3D-Modell

Zusammenfassung: Vom Kreis über den Zylinder zur Tasse

Ziel: Erste Schritte im 3D-Zeichenprogramm SketchUp Make wagen und eine einfache Tassenform erstellen

Verwendete Hardware: Computer

Verwendete Software: SketchUp Make

Hilfreiche Werkzeuge: Maus mit...

 

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